14. Dezember 2007

Rumänien feiert

01.12.2007

Am ersten Dezember ist der Nationalfeiertag Rumäniens. Nach dem ersten Weltkrieg wurden die drei Teile Transylvanien, Walachei und Moldova nach jahrhundertemlangem Hin und Her endlich vereint. Und in Gedenken daran findet an diesem Tag eine mehrstündige Militärparade in Bukarest statt, mit der Armee, Panzern, Blasmusik und allem, was so dazu gehört. Ich hab mir das allerdings nicht angeschaut. Die Menschenmassen dort müssen unglaublich sein, denn schon Tage und Wochen vorher wurden überall auf den Straßen rumänische Flaggen verteilt und sogar die Kinder im Kindergarten dachten nicht als erstes an den Nikolaustag, sondern an den Nationalfeiertag, als Misha sie fragte, welcher besondere Tag bald sei. An diesem sind alle Rumänen unglaublich stolz auf ihr Land. Gekrönt wird der Tag mit der Beleuchtung des riesigen Weihnachtsbaumes auf dem Piata Unirii am Abend. Dort versammelte sich scheinbar ganz Bukarest, denn als ich dorthin wollte, brauchte ich mehr Zeit, durch die Massen hindurch zukommen, als ich dann letztendlich auf dem Platz war. Busse waren lahmgelegt, die Straßen blockiert. Menschen kletterten auf Telefonhäuser, um besser sehen zu können und das Handynetz brach zusammen. Bukarest im Ausnahmezustand.

Den ganzen Tag über hatte ich es mir bei Mihaelas Familie (bei der ich zwei Wochen lang gewohnt hatte) gut gehen lassen. Sie hatten mich nämlich zum Essen eingeladen und ich kochte zusammen mit Mihaelas Mutter ein typisch rumänisches Fischgericht mit Mamaliga und backte auch einen leckeren Kürbis-Apfel-Blätterteigkuchen, von dem ich dann noch die Hälfte mit nach Hause eingepackt bekam. Mihaela und ihre Mutter gaben mir dann auch Geschichtsunterricht und erzählten mir die lange Geschichte Rumäniens. Wenn ich das so mit Deutschland vergleiche, wissen hier eigentlich alle recht gut über die Geschichte ihres Landes Bescheid.

Was mir aber bei Mihaelas Familie und auch bei anderen Rumänen, die ich jetzt so kenne, auffällt, ist die extreme Abneigung (fast schon Hass) gegenüber den Zigeunern. Besonders krass war da mal ein Ausspruch von Mihaela selbst, die meinte, Hitler hätte ruhig alle Roma und Sinti auf der ganzen Welt ermorden können, das wäre besser gewesen. Generell scheinen die Rumänen kein so großes Problem mit der deutschen Vergangenheit im Dritten Reich zu haben. Wenn das Thema zur Sprache kommt, höre ich öfters, Hitler sei ja nicht so schlimm gewesen, er habe zwar viele Menschen ermorden lassen, aber über sowas muss man ja auch mal hinwegsehen und er hätte ja auch viel Gutes getan. Ich bin da richtig geschockt, wenn ich sowas höre und muss mich regelrecht rechtfertigen, dass ich NICHT der Meinung bin, dass Hitler schon ganz ok war. Also entweder wissen sie nicht so wirklich, was damals passierte oder ich weiss auch nicht. Mihaelas Mutter findet es zum Beispiel auch lustig, zu sagen, ich wäre wegen meiner hellen Haare und meinen blauen Augen sicher ein guter Arier gewesen. Für die Rumänen ist es total unverständlich, dass in Deutschland das Dritte Reich immer noch ein sehr sensibles Kapitel ist und sich das auf unsere Kultur ausgewirkt hat.

Kauderwelsch

30.11.07

Als nächstes berichte ich mal von meinen Fortschritten (*hüstel*) beim Rumänisch lernen. Einmal die Woche treffe ich mich jetzt immer mit meiner Freiwilligenkollegin Mikaela, die mit mir für ca 2 Stunden zusammen lernt. Dass ich dabei soviel mitbekomme, bezweifle ich aber. Wir schneiden jedes Grammatikthema nur kurz an, machen eine Übung dazu und das wars dann. Sicherlich würde es ewig dauern, wenn wir jedes Thema ausführlich behandeln und das meiste lerne ich ja wahrscheinlch einfach übers Hören oder in meinen kleinen Unterhaltungen mit anderen. Momentan lerne ich ganz viele Vokabeln und einen etwas seltsamen Modus namens Subjonktiv, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Am schwierigsten ist für mich, die ganzen Verbformen auswendig zu lernen, da jedes Verb in jeder Konjugation der Person anders ist und das dann auch meistens unregelmäßig...

Meine „Lehrerin” ist aber sehr nett und die meiste Zeit während unsrer Übungsstunden quatschen wir nur ;-) Sie hat mich auch schon mal ins Kino eingeladen und erzählt mir so einiges über Rumänien, Bukarest und die Arbeit in unserer Organisation.

Mittlerweile ist mein Rumänisch aber schon so „gut”, dass ich fast alles verstehe, also worum es geht zumindest. Nur das selber Sätzebilden ist schwierig wegen den tausend verschiedenen Endungen je nach Fall, Geschlecht, Zeit, bestimmtem oder unbestimmtem Artikel etc... da bin ich noch sehr unsicher. Aber so einfach Sätze krieg ich schon gut hin.

In meinem Projekt in Chitila sind schon seit Wochen Bauarbeiten und jedesmal, wenn ich das Haus verlasse, sprechen mich die Bauarbeiter an. Einer ist besonders hartnäckig und fragt mich, wann ich wieder komme und ob wir uns dann mal richtig unterhalten können. Da konnte ich ihm sogar richtig auf Rumänisch antworten und kurz mit ihm diskutieren, bevor ichs dann aufgab und weiter ging. Ja, ich denke, wenn mein Jahr hier vorbei ist, spreche ich perfekt Rumänisch. Nur werd ich es dann nie wieder brauchen und die ganze Arbeit war umsonst...

neue Ideen

22.11.07

Wie ich ja schon einige Male geschrieben hatte, habe ich seit einiger Zeit die Verantwortung für das Krankenhausprojekt Lacul Bucura jeden Donnerstag Nachmittag. Als ich die ersten Male noch mit den anderen Freiwilligen dort war, fand ich es etwas langweilig, da wir waehrend der ganzen Zeit nur mehr oder weniger schweigend auf Bänken und Stühlen saßen und eine Origami-Falterei nach der anderen machten. Auch die Kinder schienen nicht so ganz begeistert davon, aber da das ihre einzige Abwechslung am Tag war, machten sie eben mit. Nun, da ich die Leitung dieses Projekts übernommen habe und jede Woche auch nur einen weiteren Freiwilligen zur Unterstützung dabei habe, hbe ich mir etwas neues überlegt. Die Kinder in diesem Krankenhaus haben zwar Aids, Krebs und Tuberkulose, sie sind aber alle sehr aufgeweckt und fit und wollen aktiv beschäftigt und unterhalten werden. Da ist ewiges Origamifalten nicht das Richtige. Daher hab ich mir im Internet und in einigen Büchern ein paar lustige Spiele rausgesucht, die am Anfang der Stunde erstmal das Eis brechen, nicht nur zwischen den Kindern selbst (sie sind ja alle in ganz unterschiedlichen Altern, von 9 bis 17 Jahren), sondern auch zwischen den Kindern und mir. Und auch zwischendurch mache ich immer mal ein paar auflockernde Spiele. Und die Kinder lieben das. Sogar die älteren, coolen Jungs, die sonst immer nur skeptisch zugeschaut haben, machen mit. Während der ganzen Projektzeit herrscht eine sehr lockere, entspannte Atmosphäre und es ist leicht für mich, mit den Kindern in Kontakt zu kommen und ein bisschen mit ihnen zu reden (das, was ich so halbwegs auf rumänisch sagen kann). So macht es allen viel mehr Spaß und ich hoffe, dass ich bald mehr Unterstützung seitens meiner Freiwilligenkollegen bekomme.

Besonders mit einem Mädel namens Georgiana habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Sie will mich immer neben sich haben, umarmt mich und hängt sich an mich dran. Erst eine Weile später habe ich dann rausgefunden, dass sie schon 17 ist; sie kam mir immer viel jünger vor.

Und auch mit den älteren Jungs komme ich gut zurecht. Sie finden es immer wahnsinnig lustig, wenn ich auf rumänisch rede, helfen mir aber auch und verbessern meine ständigen Grammatikfehler.

Am Anfang hatte ich mit meinem neuen Konzept einige Schwierigkeiten mit Laura. Sie arbeitet hauptberuflich in einem Waisenhaus und hat Sozialpädagogik studiert. Sicherlich hat sie mehr Erfahrung und Ahnung als ich, ich hab sowas ja noch nie gemacht... und sie hat mich anfangs nie wirklich ernst genommen und meine Ideen einfach beiseite geschoben. Mittlerweile bin ich aber nicht mehr so neu hier, als dass ich ständig nur zuschaue und nicht selbst die Initiative ergreife und ich denke, mit der Zeit hat sie jetzt begriffen, dass ich durchaus in der Lage bin, mein eigenes Projekt zu leiten. Allerdings kommt sie seitdem nicht mehr ins Krankenhaus und ich muss jede Woche aufs Neue schauen, dass ich einen Freiwilligen finde, der mit mir kommt.

9. Dezember 2007

Türkei: Sonne und Mehr

Schande über mein Haupt, dass ich solange keinen neuen Eintrag verfasst hatte. Nachdem ich aus der Türkei wiederkam, hatten wir im Apartment soviel zu tun mit Saubermachen, Schränke einräumen, Sachen verstauen und und und, dass ich bisher noch nicht dazugekommen bin. Außerdem hatte ich für meine verschiedenen Projekte auch einiges zu tun. Die ganzen Kindergärten schlauchen mich schon ganz schön... Mittlerweile hab ich richtig Respekt vor den Kindergärtnerinnen, die das tagtäglich so viele Stunden aushalten und immer noch geduldig sind. Das wäre wirklich nichts für mich.

Aber gut, dann will ich mal von der Türkei erzählen. Es wird nicht so ausführlich, da wir in diesen 10 Tagen, die wir dort in Kilis nahe der syrischen Grenze verbracht habe, unglaublich viel erlebt haben und es wohl ewig dauern würde, das alles aufzuschreiben. Auf spezielle Fragen antworte ich aber gerne.

Allein die Reise in die Türkei wäre ein Kapitel für sich. Ich war zusammen mit Alice und Alexandra (meinen beiden Mitbewohnerinnen), einem ACTOR-Kollegen von mir –namens Lucian - und einer Studienkollegin von Alice –namens Sanziana- unterwegs. Von Bukarest aus flogen wir Sonntag Abend los nach Istanbul. Der Anschlussflug von Istanbul nach Gaziantep, dem nächstgelegenen Flughafen zu unserem Ziel Kilis, ging aber erst Montag Morgen. Das heißt, wir hatten ca 10 Stunden zwischen den Flügen auf dem Flughafen rumzukriegen. Unser erster Plan war ja gewesen, während dieser Zeit das Istanbuler Zentrum zu besichtigen. Allerdings fuhr nachts nur noch ein viel zu teurer Shuttlebus und so blieben wir dann doch im Flughafen, machten es uns in der Wartehalle so bequem wie möglich und versuchten zu schlafen. Die grellen Lichter, Lautsprecherdurchsagen, die vielen anderen Leute und die harten Stühle führten dann aber nur dazu, dass ich mich am nächsten Morgen wie gerädert fühlte und mir alles wehtat. Dann endlich in Gaziantep angekommen hatten wir einige Probleme mit den türkischen Flughafenbeamten, da Alexandras Koffer arg beschädigt angekommen war und sie das reklamieren wollte. So nach und nach entdeckten wir dann auch die anderen Teilnehmer des Workshops aus Österreich, Griechenland, Litauen, Polen und der Tschechischen Republik, insgesamt ca 30 junge Leute.

Ach ja, das sollte ich vielleicht noch erwähnen, ihr wundert euch sicher, warum ich überhaupt in die Türkei geflogen bin.

Dort fand ein internationaler Jugendaustausch statt, mit dem Thema traditionelle Musik und Tanz. Und da mich die Türkei bei meinem letzten Besuch im Juni 07 so begeistert hatte, hatte ich mich für diesen Workshop entschieden.

In einem großen Bus fuhren wir anderthalb Stunden durch karge, staubige Landschaft mit einigen Pistazienbäumen- oder Olivenfeldern auf der roten Erde und keiner Menschenseele weit und breit. Unterwegs lernten wir auch einen Teil unserer türkischen Betreuergruppe kennen, die alle sehr nett und motiviert wirkten.Schließlich erreichten wir Kilis und unser Hotel und ich war sogar positiv davon überrascht (wenn ich das mit dem Hotel von meinem letzten Türkei-Besuch vergleiche). Nach einem kurzen Mittagessen hatten wir Zeit zum Auspacken und Ausruhen. Gegen Abend trafen wir uns wieder in einem großen Raum des Hotels und lernten uns erst einmal mit Hilfe einiger lustiger Spiele kennen.

Am nächsten Morgen gab es gegen 8 ein leckeres Frühstück, bei dem aber nicht sehr viele der Gruppe anwesend waren, da die meisten lieber noch länger schlafen wollten. Um 9 wurden wir dann auch schon von einem Bus abgeholt und fuhren zu dem Kulturzentrum der Stadt, wo wir schon von einem Tanzlehrer erwartet wurden. Dieser zeigte und im Verlauf des Tages drei verschiedene traditionelle türkische Tänze, die wir dann auch –sehr zum Vergnügen der Studenten der Uni nebenan- bei strahlendem Sonnenschein draußen auf dem Hof übten. Wir hatten auch Unterstützung durch einige Musikanten und immer wieder ließ sich einer der Türken zu einer spontanen Tanzeinlage hinreißen, was sich dann immer soweit steigerte, bis dann schließlich unsere ganze Gruppe mitten auf dem Hof einfach so zu der Musik tanzte. Das hat sehr großen Spaß gemacht und es herrschte eine tolle Stimmung innerhalb unserer Gruppe.

Am Abend hatte der Bürgermeister der Stadt etwas besonderes für uns vorbereitet. In einer kleinen, aber sehr farbenfroh und schön dekorierten Hütte, wurde uns leckeres türkisches Essen serviert. Wir saßen natürlich traditionell auf Kissen auf dem Boden. Außerdem gab es den türkischen Raki-Schnaps und kurze Zeit später auch wieder Live-Musik. Trotz der herrschenden Enge in dem kleinen Raum ließen es sich die Türken nicht nehmen, uns zum Tanzen aufzufordern und schon waren alle auf den Beinen und tanzten (einen Tanz, der dem griechischen Zirtaki ähnelt). An diesem Abend musste ich dann aber auch den Bürgermeister und den Tanzlehrer enttäuschen, da der Bürgermeister mir angeboten hatte, mich mit dem Tanzlehrer zu verkuppeln, da dieser mich ja so gern habe. Aber wie gesagt, da musste ich sie leider enttäuschen ;-)

Am dritten Tag war für den Nachmittag eine Veranstaltung auf einem großen öffentlichen Platz in Kilis für uns geplant und die Attraktion waren wir. In Gruppen sollten wir uns verschiedene artistische Dinge überlegen, die wir den Leuten aus Kilis präsentieren wollten. Ich war in der Pantomime-Gruppe und wir dachten uns ein tolles, kurzes Theaterstück aus. Alice und ihre Studienkollegen waren Clowns und die Gruppen aus Litauen, Tschechien und Griechenland präsentierten verschiedene Lieder ihres Landes. Die Vorbereitungen mit Kostümzusammenstellen, Schminken und Proben machten mir sehr viel Spaß, da ich mal etwas Neues ausprobieren konnte. Allerdings gab es einige organisatorische Missverständnisse, sodass wir am Schluss nicht mehr genügend Zeit hatten, unser Stück einmal ganz durchzuspielen. Es klappte dann aber doch sehr gut und wir hatten rund 2000 Zuschauer aus Kilis. Ich musste sogar ein Interview für das türkische Nationalfernsehen geben. Am nächsten Tag erschienen wir auch in den Lokalzeitungen und als wir nach unserer Veranstaltung den Platz wieder mit dem Bus verließen, folgten uns die Menschen, fotografierten uns die ganze Zeit mit ihren Handys und winkten uns im Bus zu. Ein Hauch Popstar also ;-)

Am Abend wurden wir von einem Minister der Stadt zum Essen in ein sehr gutes Restaurant eingeladen. Ich liebe ja das türkische Essen! Manchmal war es allerdings auch für mich einfach zu scharf, um es essen zu können. Und natürlich auch unglaublich große Portionen mit mehreren Gängen und den typischen, vor Fett und Zucker triefenden (aber sooooooooooo leckeren) Baklava als Nachspeise.

Am nächsten Tag besichtigten wir am Morgen eine Musikuniversität und uns wurden sehr viele alte, traditionelle Musikinstrumente vorgeführt und wir lernten auch ein lustiges türkisches Lied. Anschließend ging es mit dem Bus zwei Stunden lang weiter Richtung Urfa, einer sehr alten und sehr bedeutenden Stadt. Hier befindet sich nämlich ein heiliger Fluß voller Fische, umgeben von einem riesigen, sehr schönen Park. Den ganzen Tag verbrachten wir dort, stöberten durch die unendlichen, farbenprächtigen Bazare (wo ich auch einiges Geld ließ), erkundeten die Stadt und trafen uns am Abend wieder in einem großen Nobelhotel, wo wir zu Abend aßen. Diesmal hatte uns der Bürgermeister von Urfa eingeladen und natürlich gab es auch wieder eine Live-Band. Das Essen war unglaublich lecker, aber viel zu viel, sodass ich mich anschließend nicht mehr bewegen konnte. Natürlich mussten wir dann auch wieder tanzen (langsam wurde das etwas nervig), aber ich weigerte mich trotz der ausgesprochenen Hartnäckigkeit der Türken. Nachts um 3 kamen wir dann wieder im Hotel in Kilis an. Doch die Türken kannten kein Erbarmen – am nächsten Morgen um 8 gab es Frühstück und ab 9 weiteres Programm. Entsprechend unausgeschlafen und unmotiviert waren wir dann auch alle, da halfen auch die tollen „Energizer-Spiele” nichts. Aber zum Glück hatten wir an diesem Tag nicht so viel Programm. Wir sollten für unsere Gruppen für den Interkulturellen Abend vorbereiten, der an diesem Abend stattfinden sollte. Zusammen mit meinen Rumänen übte ich ein paar Lieder ein und wir besprachen unser Programm. Am Nachmittag gab es dann eine Führung durch Kilis mit ausgiebigem Besuch der dortigen Bazare und der Baklava-Läden, die es an jeder Ecke zweimal gab.

Gegen Abend fuhren wir dann an den Stadtrand Kilis zu einem alten Farmhaus, wo eine der Türken aus unserer Leitergruppe mit ihrer Familie wohnte. Dort bereitete jede Gruppe ihre Präsentation vor. Wir Rumänen kochten „Mamaliga” –ein Teig aus Maismehl, der wie Klöße in Deutschland, als Beilage zu allem möglichen gegessen werden kann. Nach und nach stellte jede Gruppe ihr Land vor, mit typischem Essen, Musik und Fotos. Aus Litauen zum Beispiel gab es Schwarzbrot mit Blutwurst, Ziegenkäse und Honig (das wird alles zusammen gegessen) und Schnaps. Pappsatt nach so vielen verschiedenen Leckereien und müde noch vom Vorabend blieb ich nicht lange bei der anschließenden Party und fuhr mit ein paar anderen schon eher (naja, war trotzdem halb 12) zurück ins Hotel.

Am nächsten, vorletzten Tag bereiteten wir eine für den frühen Abend geplante Aufführung in der Stadthalle von Kilis vor. Dort sollte wieder jedes Land vier bis fünf typische Lieder präsentieren und abschließend alle das gelernte türkische Lied singen. Das war für diesen Tag der einzige Programmpunkt neben einer kurzen Tour durch Kilis am Vormittag und das war auch gut so. Jeden Abend lange Partys und morgens wieder zeitig aufstehen machte sich nun nach den vielen Tagen wirklich bemerkbar. Die Aufführung war dann aber ein voller Erfolg. Ich weiß nicht, wie wir auf das türkische Publikum wirkten, aber wir jedenfalls hatten viel Spaß daran und gaben uns große Mühe. Anschließend gab es wieder eine Feier, diesmal aber nicht ganz so lang, da einige der Gruppe bereits am nächsten Morgen abreisen würden und noch zu packen hatten. Daher war die Feier auch eine Abschiedsfeier mit nochmaligen lustigen Gruppenspielen und einer ganz besonderen Überraschung der türkischen Gruppe: Unser „Ober-Türke” Frat führte uns zusammen mit einem litauischen Mädel eine traditionelle türkische Hochzeit vor. Natürlich im etwas kleineren Maßstab, aber dennoch mit Hennabemalung, riesen Schokotorte, Tanz und Verschleierung.

Am letzten Tag und nur noch mit halber Besetzung fuhren wir mit dem Bus nach Gaziantep. Als erstes besuchten wir den dortigen Zoo, den größten in der Türkei. Dafür war aber nur etwas mehr als eine Stunde eingeplant, und ich hielt es für unmöglich, in so kurzer Zeit wirklich etwas mitzubekommen. Aber tatsächlich reichte die Zeit gut und ich fand den Zoo furchtbar. Die Tiere waren in wirklich winzigen Käfigen und Gehegen eingesperrt und die anderen türkischen Besucher machten einen Heidenlärm, um die äußerst passiven Tiere zu einer Bewegung zu veranlassen. Auch z.B. die Strauße sahen schlimm aus. An vielen Stellen fehlten großflächig die Federn oder z.B. in den Affengehegen liefen die Tiere eine Stunde lang nur auf ihrer ca. einen Meter langen Metallstange hin und her. Ich fand diesen Anblick furchtbar, aber den Türken hats anscheinend gefallen. Anschließend fuhren wir ins Stadtzentrum und aßen (mal wieder) in einem Nobelhotel zu Mittag (hmmm... lecker!). Dann ging es weiter in das weltweit zweitgrößte Mosaikmuseum. Das war wirklich interessant. Wir sahen einen kurzen Einführungsfilm zum Thema und konnten dann anderthalb Stunden lang durch das Museum laufen. Mir hat das gut gefallen, allerdings war die Zeit für die Größe des Museums knapp bemessen, sodass ich nicht viel Zeit hatte, die Infotafeln genauer zu lesen, was ich schon schade fand. Allgemein war es so die ganze Woche über. Hetzerei von einer Attraktion zur nächsten ohne wirklich Zeit, sich darauf einlassen zu können. Nach dem Museum liefen wir noch ein Stück durch die Altstadt und besuchten die dortigen sehr schönen Bazars mit handgeschmiedeten Schmuckstücken und allem möglichen anderen Kram. Das finde ich an Bazaren so faszinierend. Man kann stundenlang stöbern und schauen und entdeckt immer wieder etwas neues. Abends fuhren wir zurück ins Hotel und trafen die letzten Vorbereitungen für die Abreise am nächsten Morgen. Die sollte um 7 sein, allerdings verschlief unser Fahrer (genau der, der sonst immer böse war, wenn wir zuspät kamen). Mit einigen km/h mehr kamen wir aber dennoch pünktlich am Flughafen an. Der Rückflug war angenehmer als der Hinflug, da wir nicht so lange in Istanbul auf den Anschlussflug nach Bukarest warten mussten. Für mich war der Ausflug in die Türkei eine sehr schöne Erfahrung, wenn auch teilweise sehr anstrengend. Und nach etwas mehr als einer Woche Inselurlaub tauchte ich wieder ein in meinen Bukarester Arbeitsalltag.

So, jetzt habe ich ne ganze Menge geschrieben. Mehr zu meinem Leben seitdem erfahrt ihr demnächst :-) versprochen

24. November 2007

Wieder da!

20.11.07

Als nächstes steht jetzt mein Bericht über meinen Türkei”Urlaub” an. Allerdings müsst ihr euch da noch ein bisschen gedulden ;-) Bin gestern erst wieder gekommen und jetzt wieder im Apartment mit Alice und Alexandra. Unsere Wohnung sieht richtig schön aus. Allerdings noch überall sehr dreckig und staubig, das muss alles noch aufgeräumt und geputzt werden. Daher kommt mein Bericht etwas später. Wollte nur schon mal ein Lebenszeichen senden, da es ja seit meinem letzten Eintrag schon eine Weile her ist.

Smells like Romania

Momentan ist hier in Bukarest richtiges Mist-Wetter. Ständig regnet es, ist eisigkalt und windig. Ich hab mir auch ne kleine Erkältung eingefangen, aber das wird schon wieder. Mihaelas Mutter kümmert sich sehr rührend um mich und macht mir alle paar Stunden einen Tee. Mit Mihaela und ihrer Mutter habe ich mich auch schon öfters länger unterhalten (mit Mihaela als Dolmetscherin) und ich mag die beiden sehr. Als ich heute Morgen von Alice die Nachricht bekommen habe, dass ich am Wochenende in unser Apartment zurück kann, da die Arbeiter endlich fertig sind, meinte Mihaela, ich solle doch noch bleiben und die Mutter lud mich ein, jedes Wochenende mal zu Besuch zu kommen, damit sie mir was kochen kann oder einen Kuchen backen kann. In meinem Apartment habe ich da ja nicht so die Möglichkeiten dazu.Mihaela und ihre Mutter haben auch einige Aktionen mit mir vor. Gestern Abend haben sie mir ihre gesamte Parfum-Sammlung vorgeführt und haben sich jetzt in den Kopf gesetzt, mich zu einer rumänischen Frau zu machen. Die Mädels hier sind nämlich alle sehr schick angezogen und zu jeder Tages- und Nachtzeit top gestylt. Da darf dann das Parfum natürlich auch nicht fehlen. Nach dieser Einführung in die weibliche Kultur Rumäniens roch ich wie ein ganzer Blumenladen, da die Beiden unzählige Düfte an mir ausprobiert hatten.

das Tagescenter

09.11.07

Von meinem Projekt in Chitila muss ich noch berichten.Am Montag war ich wieder dort, diesmal allerdings allein, da Rheea keine Zeit hatte und sich auch sonst keiner der andren auf meine Anfrage gemeldet hatte. Aber ich dachte mir, es würde schon irgendwie gehen, auch wenn dort keiner Englisch reden kann... Gegen 12 fuhr ich mit dem Bus hin und es waren erst drei Kinder dort, die ich vom letzten Mal noch kannte. Sie waren gleich begeistert, mich zu sehen, mussten aber erst noch ihre Hausaufgaben fertig machen. Also schaute ich mich ein bisschen in dem großen Gebäude um und nach und nach kamen immer mehr Kinder an, bis es dann so um die 10 waren. Mit einigen Rumänisch-Wortfetzen verständigte ich mich dann mit den Erzieherinnen und den Kindern, wobei es den Kindern wesentlich leichter viel, mich zu verstehen, da sie sich wirklich Mühe mit mir gaben und teilweise versuchten, zu erraten, was ich meinte. Pantomime half da auch weiter ;-) Nach den Hausaufgaben war dann erstmal Essenszeit, und vor allem die kleinen Jungs wollten unbedingt, dass ich mit in den Essensaal komme, obwohl das die Erzieherinnen nicht gern gesehen haben und ich da ja auch nicht mit essen darf. Aber mit den Kinder fühlte ich mich sehr wohl, auch wenn ich ihnen nicht alles verständlich machen konnte. Anschließend begannen wir dann mit den Origami-Figuren und die Kinder waren mit Feuereifer dabei. Ich kann mittlerweile die wichtigsten Worte für die Origami-Anleitungen auf Rumänisch und wenn ich es mal nicht wusste, half mir ein kleines Mädchen der Gruppe. Sie war besonders eifrig und ermahnte die anderen auch immer zur Ruhe, was meistens aber gar nicht nötig war, da alle sich sehr auf das Falten konzentrierten und mir wirklich sehr viel entgegenkamen, auch wenn ich ihnen nur einzelne Worte sagen konnte. Ein Junge war besonders talentiert und wollte die schwierigen Stellen immer wieder üben, damit er es sich merken konnte. Ich war insgesamt fast 3 Stunden dort gewesen und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Kinder sind alle im Grundschulalter (7 bis 11 Jahre alt) und kommen alle aus schwierigen familiären Verhältnissen. Sie freuen sich riesig über jedes Lob und springen einfach während des Bastelns auf, um mich zu umarmen und wollen dann auch zigmal bestätigt haben, dass ihr Bild oder ihre Bastelei schön geworden ist. Ich war auf jeden Fall sehr postitiv überrascht, wie gut ich klargekommen bin, auch wenn ich nicht wirklich viel sprechen kann und auch mit den anderen Betreuerinnen, die manchmal mit im Raum waren, hatte ich keinerlei Probleme und sie waren sehr kooperativ. Für das nächste Mal muss ich einiges vorbereiten, da die Kinder ganz viele kreative Ideen hatten, was sie gern basteln würden.

9. November 2007

Plaene

08.11.07

Seit drei Wochen wohne ich jetzt schon bei anderen Leuten, weil die Arbeiter in meinem Apartment einfach nicht fertig werden. Und es ist immer noch kein Ende in Sicht... Dabei war eine Woche geplant. Stefanizo meinte dazu „Welcome to Romania!”, ich kann also froh sein, wenn sie nach einem Monat fertig werden. Aber bei Mihaela gefällts mir sehr gut. Die Mutter ist nicht mehr ganz so aufdringlich ;-) und ich war in der vergangenen Woche öfters mal mit Mihaela oder ihren Freunden abends unterwegs. Mit ihnen komme ich sehr gut klar und wir hatten immer sehr viel Spaß zusammen, auch wenn es auf Englisch nicht immer so gut klappt. Aber mittlerweile verstehe ich auch schon mehr Rumänisch und es geht dann schon irgendwie. Am Montag habe ich mich dann auch mit Fabian getroffen, einem deutschen Freiwilligen aus Bukarest, den ich in Apold kennengelernt hab (falls ihr euch erinnert, ziemlich zu Beginn meines Rumänien-Aufenthalts), der mir von den unzähligen Problemen in seinem Projekt erzählt hat. Er arbeitet mit stark hospitalisierten Jugendlichen und Erwachsenen (die aber wirken wie 5-Jährige) in einem Heim in Vidra (dort hab ich ihn auch schon mal besucht, vor einigen Wochen, und hab davon auch hier im Blog berichtet). Und da ich mit meinen unzähligen Kindergartenprojekten eh nicht so wirklich zufrieden bin, habe ich beschlossen, einmal in der Woche einen Tag lang mit ihm in seinem Projekt zu arbeiten. Ab Dezember gehen nämlich die anderen Freiwilligen aus seinem Projekt zurück in ihre Herkunftsländer und er ist dann mehr oder weniger allein mit der ganzen Arbeit. Meine Kindergartenprojekte sind ja alle ganz nett, aber nicht das, was ich mir hier als Arbeit vorgestellt hab. Ich will mehr bewirken. Die Kindergartenkinder haben den ganzen Tag über unzählige Aktivitäten und haben reiche Eltern (es sind meistens private Kindergärten, in denen wir arbeiten) und meiner Meinung nach ist es sinnvoller, benachteiligen Kindern und Jugendlichen zu helfen, die die Aufmerksamkeit und Beschäftigung nötiger haben. Daher verlege ich jetzt einfach die Projekte, die ich montags habe, auf die anderen Tage und gehe dafür montags nach Vidra in Fabians Projekt. Da hab ich wenigstens ne sinnvolle Aufgabe.Ich mag meine Krankenhaus-Projekte und auch das Tagescenter in Chitila. Aber die Arbeit in den Kindergärten stellt mich einfach nicht zufrieden. Aber damit steh ich ziemlich allein. Die andren ACTOR-Freiwillien wollen alle nur in die Kindergärten und es ist schon allein jede Woche eine neue Herausforderung, Freiwillige zu finden, die mit mir in „mein” Krankenhaus gehen. Die Arbeit dort ist eben nicht so einfach und man muss sich schon mehr einfallen lassen, wenn man 16-Jährige beschäftigen will, als wenn man nur mit einer Horde Kleinkinder sein Programm durchzieht.
Am Mittwoch war ich dann auch mal wieder im Kino und hab mir mit Fabian „Stardust” angeschaut. Ein echt cooler Film. Wir waren zwar etwas spät dran und haben den Anfang verpasst, aber es hat sich auf jeden Fall noch gelohnt und ich kann den Film nur weiter empfehlen. Ist ne Art Märchen für Erwachsene :)

soziales Engagement?

03.11.07, Mihaelas Wohnung

Ich lasse jetzt ein paar Tage aus und schreibe gleich bei Samstag (3. nov) weiter. Es ist nichts großartig Neues passiert und ich will euch ja nicht langweilen :)
Samstag stand wieder das ACTOR-Treffen an, wo ich viele organisatorische Dinge mit Eugenia und Stefanizo zu besprechen hatte und auch ne große Tüte mit neuen Materialien (Papiere in allen Farben und Formen, Servietten, Süßigkeiten, Seifenblasenwasser) für meine Projekte bekam. Außerdem war heute ein besonderer Feiertag an dem man der Verstorbenen gedenkt, indem man einen speziellen Nuss-Wein-Kuchen backt und diesen zusammen mit einem Ei, einer Tomate, einer Gurke, belegten Broten, Wein und einem Stück Holz jemandem überreicht. Dieser jemand muss dann ein bestimmtes Wort sagen (das ich schon wieder vergessen habe) und wenn er die Dinge isst, isst er sie quasi als Mittelsmann für die Verstorbenen, da diese das ja nicht selbst können, da sie nur noch als Seelen in der realen Welt existieren. Das war mein heutiger Exkurs in die rumänische Kultur :)

Zusammen mit den anderen bastelten wir dann aus großen braunen Kartontüten Kleidung, die einige aus der ACTOR-Gruppe bald zu einem speziellen Anlass tragen würden. Da hab ich mich aber nicht lange dran beteiligt und machte mich voll beladen auf den Weg zu einer Eurolines-Filiale in der Nähe, da ich mich nach den Preisen für meinen Ausflug nach Deutschland im Winter erkundigen wollte.

Auf dem Rückweg zur Ubahn-Station hatte ich dann mein zweites Erlebnis der rumänischen Kultur. Diesmal allerdings weniger erfreulich. Ganz im Gegenteil.Auf meinem Weg sah ich am Rand des Fußgängerwegs eine Frau liegen, die da auf dem Hinweg noch nicht gewesen war. Diese Frau (um die 40 schätz ich mal), wand sich scheinbar in Krämpfen auf dem matschigen Boden und jammerte vor Schmerzen. Aber alle Leute starrten sie nur an und gingen einfach weiter. Der Weg war sehr belebt und ich hab das schon von weitem sehen können. Ich hab nicht lange überlegt und obwohl ich ja eigentlich noch sogut wie kein rumänisch kann, hab ich die Frau angesprochen, ob ich ihr helfen kann. Sie sah mich gar nicht an, sondern schluchzte und weinte, sodass ihre ganze Schminke schon verwischt war und hielt sich den Bauch und den Kopf. Ich war etwas hilflos und sprach den nächsten vorbeikommenden Passanten an, ob er mir die nummer der Ambulanz geben könnte oder sie selbst anrufen könnte. Das hatte allerdings nicht viel Erfolg und alle Leute, die ich ansprach gingen einfach weiter. Ein paar Passanten später hatte ich aber Glück und eine ältere Frau rief einen Krankenwagen, ging dann aber auch weiter. Mittlerweile hatte sich die am Boden liegende Frau aufgesetzt und schien nicht mehr so große Schmerzen zu haben. Ich hatte mich zu ihr runter gekniet und sie zeigte mir weinend die wirklich enorm große Beule am Hinterkopf. Sie hörte gar nicht mehr auf zu weinen, griff meine Hand und drückte sie gegen ihre Wange. Ich versuchte sie zu beruhigen und als nach fünf Minuten immer noch keine Ambulanz in sicht war, sprach ich einen gerade vorbeikommenden Polizisten an, der sogar halbwegs englisch konnte. Dieser sprach kurz mit der Frau, die sich aber weigerte, ihm zu antworten und nur noch mehr weinte. Der Polizist meinte, er würde einen Krankenwagen rufen und ich könnte wieder meiner Wege gehen. Allerdings habe ich ihm nicht wirklich getraut und die Frau hat sich so verzweifelt an meine Hand geklammert, dass ich sie nicht einfach diesem unfreundlichen Polizisten überlassen konnte und so beschloss ich, bis zur Ankunft des Krankenwagens bei ihr zubleiben. Tatsächlich verschwand der Polizist dann auch kurz drauf wieder, weil er noch andere Dinge zu tun hatte und ich blieb allein bei der Frau, setzte mich neben sie und stützte sie ,weil sie immer wieder nach hinten umkippte. Sie redete immer noch unter Tränen auf Rumänisch und gebrochenem Englisch auf mich ein, dass ich aussähe wie ihre Tochter und so nett zu ihr sei und sie entschuldigte sich hundertmal. Nach Ewigkeiten kam dann endlich der Krankenwagen. Einige Leute stiegen aus (konnten alle kein englisch), redeten kurz mit der Frau und ohne sie auch nur irgendwie näher zu untersuchen, stiegen die Leute wieder in den Wagen und wollten wegfahren. Das konnte ich nicht glauben. Wie konnten sie die Frau einfach hier im Matsch liegen lassen ohne sich ihre Verletzung anzuschaun. Es könnte ja durchaus was Ernstes sein. Fast schon panisch sprang ich auf zum Krankenwagen und redete auf die Sanitäter ein, die mich aber nicht weiter beachteten und einfach davon brausten. Ich war also wieder allein mit der Frau. Allein mit unzähligen vorbeilaufenden, gaffenden Passanten. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Doch nach einem kurzen Moment der Verzweiflung fing ich mich wieder. Ich wusste, dass mir jetzt niemand mehr helfen würde und dass ich jetzt selber was tun müsse. Und ich konnte nicht einfach weggehen, das hätte ich nicht fertig gebracht. Also fragte ich die Frau, ob sie aufstehen könne. Das klappte dann auch ganz gut, auch wenn sie etwas wackelig auf den Beinen war. Also fasste ich sie unterm Arm und fragte sie, wo sie wohnt, damit ich sie dorthin bringen konnte. Sie deutete in eine Richtung und zusammen machten wir uns auf denWweg.
Unterwegs bekam ich dann einen anruf von meinem Kollegen Misha, der mir noch etwas geben wollte und fragte, wo ich sei. Ich erklärte ihm kurz die Situation und er war total geschockt, meinte ich könne in Gefahr sein und dass er sofort zu mir kommen würde. Auf dem Weg zum Treffpunkt hatte sich die Frau dann schon wieder gefangen, hatte aufgehört zu weinen und schien sich richtig wohl bei mir zu fühlen, erzählte mir von ihrer Tochter und sagte ständig, dass sie mich mag und ich so nett und hübsch sei. Von weitem sah ich dann auch schon Misha und Mikaela ankommen. Kaum waren die beiden in Rufweite, fing Misha an, die Frau anzuschreien, sie solle von mir weggehen und redete dann auch ziemlich aggressiv auf sie ein. Die Frau ging dann auch ziemlich schnell und setzte sich in der Nähe auf eine Bank. Ich war etwas verwirrt und Misha erklärte mir, dass die Frau eine betrunkene Obdachlose sei und ich mich nicht um sie kümmern dürfe, da sie oder ihre Bande mich ausrauben könne und sie bestimmt nur so getan hätte, als ob es ihr schlecht ging. Ich erklärte ihm nochmal die ganze Situation und dass ich sie unmöglich hätte einfach liegen lassen können, aber er wollte mir nicht wirklich zuhören und meinte, wenn sogar die Polizisten und die Leute vom Krankenhaus sich nicht drum kümmern, solle ich das auch nicht tun, da die Frau obdachlos und betrunken sei und daher selber schuld, wenn sie sich verletzt. Und niemand würde sich um die Obdachlosen scheren, auch das Krankenhaus nicht, da diese keine Versicherung haben und daher einfach nicht behandelt werden, auch wenn es ihnen noch so schlecht geht. Ich wusste da gar nicht, was ich sagen sollte. Misha redete so, als hätte ich eine riesige Dummheit begangen und er müsse mich wie ein kleines Kind belehren, weil ich ja die unwissende Ausländerin bin. Ich fühlte mich wirklich schlecht und als Misha und Mikaela dann wieder gegangen waren fühlte ich mich umso schlechter, da ich nicht begreifen konnte, wie sie so über diese Obdachlosen (betrunkenen) Menschen reden konnten. Als Misha nämlich meinte, es sei nur „a fucking homeless” und ich solle mich nicht drum kümmern, habe ich ziemlich energisch mit ihm diskutiert, dass Obdachlosigkeit doch kein Grund sei, jemandem nicht zu helfen. Aber er meinte, es seit ihre eigene Schuld ,wenn sie betrunken seien und sich selbst verletzten und ich lernen müsse, solche Dinge zu ignorieren.
Das hat mich wahnsinnig traurig gemacht und sehr erschüttert.Nicht nur die Ignoranz der Menschen, die einfach vorbei gehen oder die Kaltblütigkeit der Polizisten und Sanitäter, sondern auch sowas zu hören von jemandem, der als Freiwilliger in ACTOR arbeitet. In ACTOR, einer Gruppe, deren „Vision” es ist, eine bessere Welt zu schaffen, indem sie benachteiligten Menschen helfen. Gerade von so einem Freiwilligen hätte ich mehr erwartet also so einen Satz wie „she’s just a fucking drunken homeless. Don’t care about her”). Ich meine, wie kann man einerseits so wunderbare Dinge für kranke Kinder tun und dann auf der anderen Seite so menschenverachtend über Obdachlose urteilen? Das verstehe ich wirklich nicht. Dieses erlebnis hat mich dann noch Tage später beschäftigt und ich hab oft dran gedacht, wie es der Frau jetzt wohl geht. Ihre Verletzung hätte ja wirklich schwerwiegend sein können. Aber da sie keine Versicherung hat, kümmert sich keiner drum. Sie hätte da auf der Straße an inneren Blutungen sterben können und keinen hätts interessiert. Wie kann sowas sein? Im Moment bin ich da echt enttäuscht von der Einstellung der andren Freiwilligen. Sicher gibt es tausend gute Gründe, jemandem nicht zu helfen, wenn die eigene Sicherheit in gefahr ist. Aber das als Ausrede zu nehmen, in jedem Fall wegzusehen, finde ich wirklich beschämend und ich hätte mehr von den ACTOR-Leuten erwartet. Das kommt mir momentan alles so heuchlerisch vor in den Kindergärten. Überall schöne bunte Farben und lustige Tier-Figuren, Spiele und Süßigkeiten, die manchmal mehr der Unterhaltung der Freiwilligen dienen als der der Kinder... aber vor den wirklich unangenehmen und schwierigen Dingen werden die augen geschlossen. Ich kann es gar nicht oft genug sagen.... ich bin einfach enttäuscht und erschüttert. Und fühle mich hilflos und klein angesichts des vielen Leids direkt vor meinen Augen.
Aber vielleicht haben sie ja auch Recht und ich bin diejenige mit der falschen Ansicht, da ich sowas bisher einfach noch nicht erlebt habe... ich weiß es wirklich nicht.

5. November 2007

Halloween *buuuh*

31.10.07

Am Mittwoch Morgen traf ich mich kurz vor 10 mit Andreea vor dem Militär-Kindergarten. Heute war dort ein besonderer Tag. Hoher Besuch von einer Sponsorin aus Amerika war angekündigt. Dafür war der ganze Kindergarten enorm herausgeputzt und für unseren Origami-Kurs mussten wir auch auf ein Startzeichen warten, damit wir ungefähr bei der Hälfte sind, wenn die Amerikanerin in unseren Raum kommt und sieht, was für tolle Dinge die Kinder hier gelernt bekommen ;-) Auch überall an den Wänden und im Treppenhaus waren Zeichnungen der Kinder aufgehängt. Die meisten hatten Militär als Thema und zeigten uniformierte Soldaten in Reih und Glied oder neben Panzern. Das fand ich allerdings etwas... merkwürdig... sowas von den Kindern malen zu lassen. Aber die Amerikanerin schien es zu mögen, schenkte jedem Kind ein Überraschungsei und war auch von unseren Origami-Sachen sehr angetan.

Anschließend machte ich mich auf den Weg zum Treffpunkt mit Mikaela Goga, meiner Rumänisch-Lehrerin, für eine weitere Unterrichtsstunde im Fastfood-Restaurant. Der Unterricht lief auch sehr gut. Hinterher qualmte mir der Kopf. Ich lernte unzählige neue Vokabeln und Verben inklusive deren Konjugationen. Und (leider) wie im Französischen, alle sehr unterschiedlich, jedes zweite unregelmäßig und viele verschiedene Verbgruppen mit speziellen Endungen je Person... Schrecklich... Da bleibt mir nichts andres übrig, als auswendig lernen... *seufz* Aber mit Mikaela komm ich sehr gut zurecht. Sie hatte mir sogar was von ihrem Türkei-Ausflug mitgebracht und wir unterhielten uns auch nach dem Unterricht noch lange über alles mögliche.

Am Nachmittag hatte ich dann wieder das Projekt im Krankenhaus, bis zu dem ich allerdings fast drei Stunden warten musste. Aber zurück zu Mihaela zu fahren hätte sich nicht gelohnt... Aber ich hatte ein Buch dabei und machte es mir auf einer Bank bequem. Ich hatte ein paar Gesichtsfarben dabei, mit denen wir dann den Kindern im Krankenhaus kleine Figuren auf Beine, Hände und Wangen malten. Meine Kollegin Nico hatte da wirklich talent für und die Kinder waren begeistert.
Wir waren in der Abteilung für Verbrennungen und in dem Zimmer waren zwei Kinder mit wirklich schlimmen Verbrennungen im Gesicht und auf den Armen. Das war schon anfangs etwas hart für mich, da die Gesichter sehr verfremdet aussahen und ich mich fragte, ob die Kinder z.b. beim Luftballonaufblasen nicht Schmerzen hätten. Aber anscheinend konnten sie damit ganz normal umgehen und so war das dann für mich auch ok.

Nach dem Krankenhaus wartete ich wieder knapp anderthalb Stunde, weil ich mich mit Mihaela im Zentrum verabredet hatte. Zusammen mit einigen Freunden wollten wir abends in eine Bar gehen. Der Abend war dann auch sehr schön und ich kam mit Mihaelas Freunden sehr gut zurecht. Wir hatten viel Spaß und die Jungs alberten herum und stellten mir ulkige Fragen. Die Stimmung war sehr ausgelassen und alle waren begeistert, endlich „the german girl“ kennenzulernen.

A day's wait

30.10.07

Am Dienstag hatte ich einen wirklich anstrengenden Tag. Am Samstag zuvor hatte ich beim ACTOR-Treffen mit Stefan (dem Neffen von Stefanizo) verabredet, ihn morgens mit zu seiner Uni zu begleiten, da ein Projekt an diesem Tag bei mir ausfiel. Stefan studiert Film (editing, sound, animation) im dritten Jahr und da ich das ja total interessant finde, wollte ich mir das mal anschauen. Allerdings war die von mir kalkulierte Zeit, die der Bus von Mihaelas Wohnung zum Treffpunkt brauchen würde, ziemlich falsch eingeschätzt. Ausgerechnet an diesem Tag war der Verkehr richtig übel und ich kam ne halbe Stunde zu spät. Man kann das vorher nie wirklich sagen, wie lange man braucht, das stört mich in Bukarest wirklich. Am nächsten Tag fuhr ich die gleiche Strecke in der Hälfte der Zeit.
Außerdem hatte ich noch nen Anruf von Rheea bekommen, die ich zu einem Kindergarten-Projekt begleiten sollte. Es war ihr erster Tag in diesem Projekt und da wollte sie mich als Unterstützung. Daher hatte ich nicht wirklich viel Zeit in Stefans Uni und kaum waren wir dort angekommen, musste ich mich auch schon wieder auf den Weg zum Treffpunkt mit Rheea machen. Ganz schön anstrengend...
Der Kindergarten mit Rheea war dann auch sehr ermüdend. Die Kinder waren noch sehr jung und eigentlich die ganze Zeit sehr unkonzentriert. Ich habe ja schon mal geschrieben, dass ich in diesem Alter Origami noch nicht für sinnvoll halte... Zum Glück ging das Projekt nur eine Stunde lang.

Danach machte ich mich wieder auf den Weg zu Stefans Uni, weil ich mir das restliche Programm anschauen wollte. Das war auch wirklich total interessant!
Als ich ankam synchronisierte Stefans Kurs gerade einige Filme selbst nach. In dem Uni-eigenen „Tonstudio“ mit schalldichten Türen und Wänden. So richtig, wie man das aus den Making-ofs von Filmen her kennt. Durch eine dicke Glasscheibe konnte man in den Nachbarraum schauen, in dem einer aus der Gruppe mit Kopfhörern vor einem großen Mikrofon stand und über einen Monitor den gerade laufenden Film sehen konnte. Aus dem Aufnahmeraum wurden dann immer Kommandos und Verbesserungsvorschläge gegeben. War sehr interessant zu sehen, wie sowas läuft, mit drei großen Monitoren, einem Mischpult mit tausend Hebeln und Schaltern und andren technischen Geräten. Stefan selbst hatte auch einen Part zu synchronisieren und machte das echt gut :)
Anschließend zeigte mir Stefan noch die anderen Uniräume, das 3D-Animation-Studio, den riesigen Schrank mit allen möglichen Requisiten zum Erstellen von Geräuschen, so z.B. einige Holzkisten mit unterschiedlichem Inhalt (Steine, Sand...) zum erzeugen von Schritt-Geräuschen. Richtig spannend :)
Das stundenlange Stehen im Tonstudio und dann auch auf dem langen Heimweg im Bus hat mich aber schon arg geschlaucht. Unglaublich, wie lang man vom Stadtzentrum bis zu Mihaela braucht...

das neue Projekt

29.10.07, Mihaelas Wohnung

Am Montag machte ich mich mit Rheea zusammen auf den Weg nach Chitila, wo ich ja mein erstes eigenes Projekt hatte. Ich wusste noch gar nichts und war ziemlich gespannt, was mich dort erwarten würde. Die erste Schwierigkeit zeigte sich schon mal im finden der richtigen Bahn. Chitila ist ein kleines Dorf, das eigentlich schon fast zu Bukarest gehört. Die beiden sind im Nordwesten Bukarests miteinander verwachsen. Nach kurzem Suchen und Herumfragen fanden wir den richtigen Bus und vier Stationen weiter waren wir auch schon da. Das Gebäude selber befand sich versteckt in den verschlungenen kleinen Straßen, aber durch seine leuchtend violette Farbe, fiel es uns schon von weitem auf. Sah wie eine Schule aus. Beim Eingang mussten wir erstmal unsere Personalien angeben, damit wir überhaupt reingelassen wurden und ich war etwas erschlagen von den vielen Menschen, die rumliefen und den vielen Türen auf dem schmalen Gang, in dem wir standen. Zum Glück war Rheea dabei, die alles regelte (die Mitarbeiter dort konnten kein Englisch) und kurz drauf fanden wir dann auch die Managerin, mit der ich in der letzten Woche schon ein treffen gehabt hatte. Sie zeigte uns kurz unseren Arbeitsraum, in dem sich auch schon ein paar Kinder befanden, und verschwand dann wieder ohne weitere Erklärungen. Also begannen wir mit ein paar einfachen Origami-Figuren und die Kinder waren ganz begeistert davon. Am Anfang war es noch ziemlich chaotisch, da Rheea und ich ja noch kaum Erfahrung haben, aber mit der Zeit wurde es besser. Die anderen Erzieherinnen, die ab und zu mal vorbeischauten waren auch sehr kooperativ und halfen uns mit Materialien und den Kindern.
Die Kinder, die in das Tagescenter nach Chitila kommen, haben meistens einen schwierigen familiären Hintergrund und kommen in das Center, um dort nach der Schule ihre Hausaufgaben zu machen und zu spielen. Die Kinder, mit denen wir zu tun hatten, waren so um die 8 Jahre alt und stellten sich als sehr geschickt beim Falten heraus, sodass ich zum Abschluss noch eine schwierigere Figur mit ihnen bastelte. Die fertigen und äußerst bunten Werke hängten wir dann im Raum auf und ich muss sagen, das haben sie wirklich sehr gut gemacht. Die Arbeit hat mir auch Spaß gemacht, da die Kinder sehr aufgeweckt waren und auch versuchten, mit mir zu kommunizieren. Zwei Jungs riefen ständig „Lisa, wait!“, weil sie das von Rheea aufgeschnappt hatten, ohne zuwissen, was es heißt. Nach ca zwei Stunden gingen wir dann wieder und auf dem Rückweg trafen wir im Bus eine der Mitarbeiter des Centers und unterhielten uns noch kurz mit ihr über die Einrichtung. Ich denke, das nächste Mal bin ich besser vorbereitet.

1. November 2007

On the move again

1.11.07, Mihaelas Wohnung
Hallo, nach einer Woche Pause meld ich mich wieder. Wie ihr neben dem Datum sehen könnt, wohn ich momentan wieder woanders. Aber der Reihe nach, es gibt einiges zu erzählen, ich hatte eine anstrengende Woche und war dauernd auf Achse, deshalb erst jetzt der Eintrag.
Ich erzähl jetzt erstmal da weiter, wo ich letztens aufgehört habe.
Am Freitag (26.10.) stand wieder das Kindergartenprojekt mit Misha an. Zwei Stunden lang bastelten wir mit zwei Gruppen Origami-Figuren für Helloween. Hexenhüte und Fledermäuse und die Kinder waren richtig aus dem Häusschen. Vor allem mit der ersten Gruppe macht es richtig Spaß, da in dieser die Kinder schon etwas älter sind und man nicht jeden einzelnen Schritt für sie machen oder verbessern muss. Die zweite Gruppe ist größer, die Kinder jünger und meistens sehr unkonzentriert, sodass ich nach der Stunde schon sehr erschöpft bin. Ich bin wirklich über die Engelsgeduld von Misha und den anderen bei den kleinen Kindern erstaunt. Ich glaube, ganz allein und über längere Zeit hätte ich mir so ein Projekt nicht ausgesucht. Ich arbeite lieber mit den etwas älteren. Die können wenigstens mit dem, was wir da machen, etwas anfangen.

Auf dem Heimweg von diesem Projekt bekam ich eine Nachricht von Andreea, dass sie bis Nachmittags mit ihrer Großmutter unterwegs sei und ich deshalb nicht in die Wohnung könnte. Also vertrieb ich mir die Zeit, in dem nochmal die deutsche Bücherei suchte. Das letzte Mal bin ich doch glatt dran vorbei gelaufen. Aber diesmal fand ich sie. Dazu musste ich aber erst mal in eine Sprachenuniversität reingehen und hatte da natürlich keine Ahnung, wo sich die Bücherei befindet. Also fragte ich einfach mal einen der vorbei eilenden Studenten und bekam geriet dann sogar an einen Studenten mit recht guten Deutschkenntnissen, der mir den Weg beschrieb. In der Bücherei selbst (nur zwei kleine Räume voll) fand gerade ein Deutschkurs statt und ich unterhielt mich auch kurz mit der Dozentin, die einwandfrei und fast ganz ohne Akzent deutsch sprach. Das war für mich sehr komisch, auf einmal mitten in Rumänien mit einer Rumänin deutsch zu sprechen, ohne darauf achten zu müssen, einfache Worte zu verwenden. Die Dozentin erklärte mir kurz wie es in der Bücherei abläuft mit Ausleihen etc. aber da momentan nach den Ferien erst noch alles nicht so ganz funktionierte, riet sie mir in ein oder zwei Wochen wiederzukommen. Aber immerhin hatte ich mich schon mal umgesehen und mich auch mit ein paar der sehr gut deutsch sprechenden Studenten unterhalten. Gut gelaunt machte ich mich auf den Weg zu Andreeas Wohnung, war noch kurz Essen einkaufen und machte es mir dann bei ihr gemütlich.
Und es wurde noch besser. Gegen Abend bekam ich von meiner Kollegin Andreea (nicht die, bei der ich wohne, sondern das neue Mädel mit dem ich mich sehr gut verstehe. Wegen Verwechslungsgefahr nenn ich sie jetzt einfach mal Rheea) eine SMS, ob ich nicht Lust hätte mit ihr und noch ein paar Freunden von ihr etwas trinken zu gehen. Natürlich hatte ich Lust! Bisher hatte ich von den anderen Freiwilligen ja nur leere Versprechungen bekommen.
Wir trafen uns an einer Ubahn-Station im Zentrum Bukarests, gingen kurz in den nahen McDonalds, weil die anderen etwas essen wollten und anschließend in eine sehr versteckte und unscheinbare Gasse, wo sich eine sehr gemütliche Kneipe befand. Dort verbrachten wir einen sehr lustigen Abend. Ich unterhielt mich lange mit Rheea über alles mögliche und wir verstanden uns sehr gut. Auch mit ihren Freunden kam ich gut klar und auf dem Heimweg fuhr ich eine Weile zusammen mit einer der Freundinnen, die mir dann auch versprach, in Kontakt zu bleiben. Nach dem Abend war ich äußerst gut gelaunt und sehr froh darüber, dass wir uns so gut verstanden hatten. Bisher hatte ich ja nur oberflächliche Kontakte mit den anderen Freiwilligen auf der Arbeit oder bei den Samstags-Treffen. Aber Rheea mochte ich wirklich.

Am Samstag dann machte ich mich vormittags mit Andreea auf den Weg zum ACTOR-Treffen und holte vorher auch noch Rheea von der Ubahn-Station ab. Kurz nach uns kamen auch zwei Neue an, die sich kurz vorstellten und wir ihnen einiges über unsere verschiedenen Projekte erzählten. Bis dann alle anderen und Eugenia ankamen, dauerte es nochmal eine gute Stunde. Termine werden wirklich nicht so genau genommen... Aber es gab auch wie immer ganz viele Kekse (die für mich als EVS-Freiwilligen kostenlos sind *gg*), auf die ich mich in der Zwischenzeit stürzte. Wir lernten ein paar neue Origami-Figuren, die uns Andreea zeigte (sie organisiert die Treffen und hat da echt Ahnung) und besprachen die nächsten wichtigen Termine. Ich lernte auch Mihaela kennen, eine Freiwillige, die schon länger nicht mehr in ACTOR aktiv war, die mich aber bei sich aufnehmen wollte. Eugenia hatte sie zum Glück gefragt. Mit Mihaela vereinbarte ich dann eine Zeit, wann ich noch an diesem Tag zu ihr kommen wollte. Nach dem Treffen fuhr ich zurück zu Andreea, kaufte eine große Merci-Schokoladenpackung und Blumen für Andreeas Familie, die sich da auch sehr drüber freute und begann dann, meine Sachen zu packen. Erstaunlich, wie viel sich da doch anhäuft. Allein Essenszeug waren schon drei volle Tüten und ich hatte wirklich schwer zu schleppen. Gerade so schaffte ich alles zu tragen. So machte ich mich auf den Weg zur Ubahn-Station, fuhr sechs Stationen weit und wurde dort von Mihaela in Empfang genommen. Aber damit war die Tour noch nicht zuende. Ich war langsam am Ende meiner Kräfte, aber es war noch ein weites Stück mit Bus und Tram bis zu ihrer Wohnung, in der sie allein mit ihrer Mutter wohnt. Mihaela ist 17 und noch in ner privaten High School (vergleichbar mit unsrem Gymnasium). Sie wohnt im südwestlichen Randbezirk von Bukarest in einer großen Hochhaussiedlung. Bei ihr angekommen, servierte mir die Mutter erst mal einen saftigen Braten und redete die ganze Zeit auf mich ein (auf rumänisch...). Sie war total aufgedreht, dass ich da war und freute sich richtig, das fand ich sehr schön, nachdem ich bei Andreea zu Hause ja eher ignoriert wurde.

Am Sonntag wollte ich mir dann den Botanischen Garten ansehen, über den ich schon viel gehört hatte und der relativ in der Nähe von Mihaelas Wohnung ist. Mihaela und ihre Mutter wollten mich begleiten und so machten wir uns nachmittags auf den Weg. Der Botanische Garten ist wie ein riesiger Park angelegt mit schönen Wegen, aber auch versteckten und sumpfigen Pfaden und allen möglichen Pflanzen rechts und links der Wege. Es gibt auch ein paar große Gebäude, in denen exotische Pflanzen zu finden sind. Das Wetter war zwar nicht das beste, aber es ging und wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen, ich fühlte mich mit den beiden sehr wohl und Mihaela dolmetschte immer für mich, da ihre Mutter mich über alle möglichen Dinge ausfragte.
Anschließend fuhr ich mit Mihaela weiter Richtung Stadtzentrum, da wir uns dort mit zwei ihrer Klassenkameraden treffen wollten, um zusammen ins Kino zu gehen. Der Film selbst hat mir nicht so gut gefallen (wir haben „Superbad“ angeschaut), aber ich fand es sehr schön, in Gesellschaft zu sein. Das hat mir richtig gefehlt. Ich war also rundum zufrieden.

24. Oktober 2007

ein neues Projekt

23.10.2007, Andreeas Wohnung
Am Samstag fand wieder das ACTOR-Treffen statt. Wir waren ca 15 Freiwillige und Stefanizo. Es waren auch wieder drei neue Gesichter für mich dabei. So langsam lerne ich alle nach und nach kennen. Zuerst begannen wir mit einer kurzen Besprechung der Projekte der vergangenen Woche und dann forderte mich Stefanizo auf, von meinem Problem mit dem Diebstahl zu erzählen und fragte anschließend die anderen, was sie für Erfahrungen damit gemacht haben. Also so ne Art Gruppentherapie ;-) Und es ging noch weiter. Ich hatte vor ein paar Tagen mal Eugenia erzählt, dass ich nach der Arbeit nicht viel zu tun habe und gerne mehr mit den anderen unternehmen würde und nicht immer nur allein durch die Gegend ziehen will. Das sollte ich jetzt nochmal vor der Gruppe erzählen und anschließend fragte Stefanizo jeden, was er tun würde, wenn er neu in einem fremden Land ist und wie er sich fühlen würde. Die Antworten haben mir allerdings nicht sehr viel weiter geholfen. Die meisten meinten, sie würden versuchen, neue Freunde zu finden und Museen besichtigen. Die Frage für mich ist eben nur das Wie. Neue Freunde fallen ja nicht vom Himmel und ich will mich den andren auch nicht aufdrängen. Aber naja, es war ein Versuch. Wir machten auch ein mir bis dahin unbekanntes „Forum Theater“. In Zweiergruppen war jeweils die Hand des einen ein Spiegel und der andre musste den Bewegungen des Spiegels mit dem ganzen Körper folgen. Als besondere Schwierigkeit machten wir das dann auch noch zu dritt. War auf jeden Fall sehr lustig.
Anschließend versuchten wir uns an ein paar neuen Origami-Figuren, zu denen Andreea die Vorlagen mitgebracht hatte. Bei mir klappte das noch nicht ganz so gut. Bei den Vorlagen weiß ich nie so genau, wie die Erklärungen und Abbildungen gemeint sind. Aber es sah zumindest halbwegs so aus, wie auf dem Bild.

Ich bekam dann auch einen Anruf von der Leiterin einer Art Hort, die mich als Freiwilligen haben wollte. Der Hort befindet sich in Chitila, einem kleinen Dorf am Rande von Bukarest und ich sollte Montag Morgen dorthin kommen. Das weitere Wochenende verlief für mich ziemlich ruhig. Am Sonntag wartete ich die ganze Zeit darauf, dass Mikaela mich anrufen würde, da sie beim ACTOR-Treffen noch gesagt hatte, sie müsse mir noch etwas wichtiges geben, bevor sie für eine Woche in die Türkei fliegt und sie würde mich anrufen. Es kam allerdings kein Anruf. Und auch mit der Leiterin des Horts lief alles nicht ganz so, wie ich mir das gedacht hatte. Von Eugenia hatte sie meine Yahoo Messenger ID bekommen und schrieb mir Sonntag Nachmittag, dass ich am Montag um 10 in Chitila sein sollte. In der nächsten Nachricht schrieb sie allerdings, dass sie mich am Morgen oder am Nachmittag anrufen würde und wieder in der nächsten Nachricht schrieb sie, sie würde sich Morgens melden, um einen Tag zu finden, an dem wir uns treffen können. Etwas verwirrend und auf meine Nachfrage antwortete sie erst mal nicht.
Montag Morgen bekam ich dann aber tatsächlich einen Anruf von ihr, in der wir uns für Dienstag gegen 11 in Chitila verabredeten. Ein paar Stunden später rief sie mich wieder an und meinte, sie wäre am Dienstag doch nicht in Chitila erreichbar, da sie in Bukarest eine Besprechung hatte. Also vereinbarte ich mit ihr, mich in Bukarest gegen 11 zu treffen. War für mich auch besser, da der Weg wesentlich kürzer ist. Allerdings finde ich diese ständigen Änderungen etwas nervig. Immerhin hatte ich schon Miki für unser Schulprojekt abgesagt, da ich nach vorheriger Planung zu der Zeit noch in Chitila gewesen wäre. Aber anscheinend bin ich die Einzige hier, die das stört...
Das Treffen mit der Hortleiterin (namens Oana Roman) lief dann aber sehr gut. Ich fand gleich das vereinbarte Gebäude, in dem ihr Büro in Bukarest liegt und unterhielt mich knapp ne Stunde mit ihr über das Projekt, was mich erwartet, was meine Aufgaben und Möglichkeiten sind und über vieles andere, so z.B. auch über meine bisherigen Erlebnisse hier, über mein „Hometown“ Kulmbach, über das Leben in Bukarest (sie wohnt erst seit einem Jahr hier) uvm. Oana ist 27 und wir verstanden uns sehr gut. Nächste Woche Montag werde ich dann nach Chitila fahren und mir alles ansehen. Hoffentlich ist Oana dann auch dort, da das Personal und die Kinder kein Englisch sprechen und ich denke nicht, dass ich bis dahin soviel rumänisch gelernt habe ;-) aber ich kann ihnen ein paar Origami-Figuren zeigen, die ich mittlerweile kann und irgendwie wird das schon klappen. Ist ja erst mal hauptsächlich zur Info für mich, damit ich sehe, welche Möglichkeiten ich habe und wie die Kinder und Jugendlichen (im Alter von 7 bis 18) so sind.

Nach dem Treffen hatte ich sogar noch Zeit, bevor das Schulprojekt mit Miki anfing und so lief ich noch eine Weile durch den nahen Herastrau-Park, den ich letztens schon mal besucht hatte. Diesmal war aber wesentlich besseres Wetter und ich fand sogar den großen See am Ende des Parkes, ein kleines Museum, einen Freizeitpark und ein paar wichtig aussehende Gebäude. Hat mir sehr gut gefallen. Die Sonne schien wunderbar, nachdem die letzten Tage scheußliches Wetter gewesen war mit Regen und Wind und Eiseskälte. Ich setzte mich auf eine Bank, aß meine mitgebrachten Brote und genoss die Sonnenstrahlen mit Blick auf den schönen See, umrahmt von herbstbunten Bäumen und Büschen.
Perfectly on time kam ich dann bei der Schule an und wir hatten drei angenehme Stunden in den verschiedenen Gruppen. Selbst die von uns ungeliebten Viertklässer waren diesmal brav und aktiv bei der Sache. Miki hatte für die den schon recht komplizierten Fisch ausgesucht, da hatten sie gut mit zutun :-) Die zwei erste Klassen waren auch sehr angenehm. Die Kinder waren von uns und Origami begeistert wie die letzten Male und einige Kinder versuchten mit „Hello, my name is Andrei“ auf sich aufmerksam zu machen ;-) Sie sind ganz stolz, wenn ich dann auch auf Englisch antworte. Mittlerweile habe ich mich auch „hochgearbeitet“ und die Kinder kommen auch zu mir, wenn sie Hilfe brauchen, obwohl ich nicht wirklich viel mit ihnen reden kann. Aber ich verstehe, was sie wollen und kann ihnen dann helfen. Die erste Zeit war Miki die einzige Ansprechpartnerin. Sie übernimmt jetzt auch noch den Großteil der Arbeit, das Erklären und Reden mit den Kindern, aber bei mir läuft es langsam auch immer besser. Mit Miki selbst verstehe ich mich auch sehr gut. Wir arbeiten gut zusammen und können uns auch unterhalten.

Was mich allerdings langsam etwas beunruhigt ist, dass Alice mir noch nicht sagen konnte, wann die Arbeiter in unserem Zimmer fertig sind. Ich bin jetzt schon eine ganze Woche Gast bei Andreea und ihrer Familie. Und ich denke, dass sie langsam genug von mir haben. Ich kaufe und koche zwar mein eigenes Essen und habe sonst nicht viel mit ihnen zu tun, aber ich denke, dass einfach meine Anwesenheit schon etwas störend ist. Ich hoffe wirklich, die Arbeiter werden bald fertig.

Ueberlebenstraining

22.10.07, Andreeas Wohnung
So, dann erzähl ich mal weiter von meiner letzten Woche
Für den Mittwochabend hatte ich mir ein paar Cafes und Kneipen in der Nähe (15 min mit dem Bus und dann noch ein kurzes Stück zu Fuß) aus nem kleinen CityGuide-Heftchen, das ich entdeckt hatte (sehr praktisch!) rausgesucht, die ich erkunden wollte. Als erstes fand ich das Amsterdam Grand Cafe, wo man neben dem normalen Cafe-Angebot auch Antiquitäten, ausländische Secondhand-Bücher, holländischen Käse und andre Spezialitäten kaufen konnte. Das ganze Cafe war ich antikem Stil eingerichtet und alle Möbel, die zum Verkauf standen, befanden sich im Raum, was dem ganzen ein ganz eigenes, gemütliches Flair gab. Das Cafe war sehr groß und offen, aber auch mit kleinen Ecken und wirklich sehr gemütlich. Das Angebot ist auch sehr gut. Ich bestellte eine Heiße Schokolade, die günstig (ca 1,20 euro) und äußerst lecker war. Ich setzte mich an die Theke und beobachtete die Frau dahinter, wie sie die verschiedenen Bestellungen zubereitete. Säfte werden ganz frisch gepresst und das sogar zu günstigen Preisen, alles ist handgemacht und frisch. Gesamteindruck also sehr gut :) Ich schaute mich auch noch etwas in dem Cafe um und nach ner Stunde ging ich dann wieder hinaus in die Kälte der Nacht. Auf dem Heimweg kam ich noch an einem kleinen außergewöhnlichen Laden vorbei, wo ich mir noch ganz tolle Ohrringe kaufte, die jetzt mein ganzer Stolz sind.

Der Weg zu Andreea nach Hause führte mich an meinem Apartmentblock vorbei, also schaute ich mal kurz rein, um zu sehen, ob die Arbeiter in unsrem Zimmer schon angefangen hatten. Und da erwartete mich dann ein Schock. Ich hatte ja einige meiner Sachen in ne Umzugskiste gepackt, mit Klebeband zugeklebt und auf den Gang gestellt. Diese Kiste war nun aufgerissen, die Klamotten, die ich reingepackt hatte, lagen oben drauf und als ich dann reinschaute, merkte ich, dass einige Dinge fehlten. Meine Techniksachen, die ich darin hatte, waren verschwunden. Eigentlich wollte ich die ja mit zu Andreea nehmen, hatte sie dann aber in dem allgemeinen Chaos am Abend davor dann doch in diese Kiste gepackt. Das war echt ein Schock. Das ganze Zeug weg. Webcam und Headset, meine extere Festplatte inklusive aller Kabel, mein Akkuladegerät, meine SD-Speicherkarte... nur mein Handy und meine Digicam hatte ich noch, da ich das immer bei mir hab. Als erstes rief ich Alice an, so mit letzter Hoffnung, dass die Sachen vielleicht doch noch nicht entgültig weg seien. Die war aber eher genervt, weil sie noch in der Uni war und viel zu tun hatte (wie immer...) und meinte nur, dass ich selbst Schuld sei, wenn ich das Zeug auf dem Gang lasse und sonst gab es niemanden, an den ich mich wenden konnte. Da kam ich mir schon ziemlich verloren vor. Auch Andreea konnte mir keinen Tipp geben, was man da machen könnte.
Ja, das war mein Mittwochabend-Schreck gewesen. Am Donnerstag hatte ich mich dann schon wieder etwas davon erholt und schrieb ein paar Mails an Eugenia, an meine Betreuerin in Deutschland, an meine Eltern, an eine andere Deutsche aus Bukarest, die schon länger hier lebt, und fragte, was ich denn da jetzt machen könnte. Am Nachmittag bekam ich dann nen Anruf von Stefanizo, der mir keine Hoffnungen machte, da ich nicht offiziell in dem Apartment wohne und daher nicht zur Polizei gehen kann. Aber er sagte, dass es möglich ist, von Zeit zu Zeit aus den ACTOR-Geldmitteln etwas für mich abzuzweigen, um einen Teil der Sachen zu ersetzen. Alice rief mich dann auch an und erzählte mir, dass sie mit der Verwalterin gesprochen habe, die sich mit mir gegen 4 treffen wollte. Eigentlich war ich zu der Zeit schon auf dem Weg zum Krankenhaus mit Misha, fuhr aber nochmal zurück zu meinem Block, um die Frau zu treffen. Allerdings war sie dann nicht da, sondern nur zwei Putzfrauen, die kein Wort Englisch konnten. Mit der Hilfe zweier Studenten, die für mich dolmetschten erklärte ich ihnen dann, dass ich mit der Verwalterin einen Termin habe und sie sprechen will. Aber da machten sie mir keine Hoffnungen und meinten, die würde erst am nächsten Morgen wieder kommen. Na danke.
Also fuhr ich doch wieder zum Krankenhaus, wo ich mich mit drei anderen Freiwilligen traf und wir zusammen mit einer großen Gruppe jugendlicher Krebskranker eine gute Stunde lang spielten, redeten und bastelten. Die Arbeit in diesem Krankenhaus gefällt mir richtig gut. Da hab ich nicht mit Kleinkindern zutun, sondern mit Jugendlichen von der Pubertät bis 18, mit denen man richtig was anfangen kann und die teilweise auch englisch sprechen. Da hat das nicht mehr so was von Betreuen und Anleiten wie im Kindergarten, sondern eher wie in ner Gruppe von Freunden, viel lockerer und ohne ständig zu Ruhe und Ordnung mahnen zu müssen. Da nach tagelangem Regen endlich mal wieder die Sonne schien und es sehr warm draußen war, setzten wir uns auf den Spielplatz des Krankenhauses und hatten eine lustige Zeit zusammen. Misha und ich machten auch Teamwork. Ich zeigte, wie die Figuren gefaltet werden und Misha erklärte es dazu auf Rumänisch. Klappte ganz gut und ich hatte auch meinen Spaß dabei.
Und was Sonja erfreuen wird, wenn sie mal wieder meinen Blog liest: aus der Gruppe habe ich jetzt zwei Verehrer. Der eine ist ca 15 und der andre 17. Die beiden haben die ganze Zeit getuschelt, in meine Richtung geschaut und sich dann gegenseitig angestoßen. So richtig offensichtlich ;-) Als wir dann gingen haben sie auch bestimmt 20 mal tschüss gesagt und der Jüngere der beiden wollte mir unbedingt noch beim Tragen meiner Tasche helfen. Ich glaub, ich mag das Projekt wirklich ;-)

Am Freitag dann ging ich mit Misha zum ersten Mal zusammen in seinen Kindergarten. Wir hatten zwei Gruppen, eine kleine und eine größere, mit denen wir eine Fantasie-Stadt aus Origami-Häusern bastelten. Mit der kleineren Gruppe machte das auch viel Spaß, da die Kleinen sehr aufgeweckt und kreativ waren. Ständig ging es „Domna Lisa! Asa?“. Domna ist die Anrede für „Frau“, z.B. in der Schule und „asa“ (sprich „ascha“) heißt „so“. Ich antworte dann meistens „Da! Asa! Foarte bine! (heißt: “ja, so! sehr gut!) und wenn es nicht ganz passt, verbessere ich es ihnen, worauf die Kleinen dann mit piepsiger Stimme „mutumesc!“ (heißt „danke“) sagen und ich mit „cu placere“ (heißt „bitte sehr“) antworte. Viel mehr kann ich noch nicht sagen ;-) Aber ich arbeite daran. Da Mikaela nicht soviel Zeit hat, mir Sprachunterricht zu geben, habe ich jetzt jeden Tag einige Seiten aus dem Sprachlernbuch durchgemacht und komme ganz gut voran. Zumindest theoretisch... Ob ichs dann auch anwenden kann ist die Frage. Verstehen tu ich schon recht viel und weiß eigentlich immer, worums etwa geht. Einzelne Worte krieg ich hin, nur selber Sätze bilden klappt noch nicht.

Enttaeuschungen und mehr

21.10.07, Bukarest, Andreeas Wohnung
Hallo, da bin ich wieder :) Hatte ja jetzt ne Weile keine neuen Einträge mehr veröffentlicht. Aber ich nehm mir vor, jetzt wieder regelmäßig zu schreiben. Mal sehen, ob ich das durchhalte :) Ja, also... meine letzte Woche... ist viel passiert und wie ihr am Titel sehen könnt, wohne ich momentan auch woanders.
Aber der Reihe nach. Aus den ganzen Versprechungen vom letzten Wochenende (also dem vorherigen Eintrag hier) ist leider nix geworden. Hat sich dann doch keiner gemeldet. Anscheinend ist das hier immer so. Da kann man tausend Verabredungen haben, aber am Ende meldet sich dann doch keiner. Nicht nur an dem Wochenende, sondern auch heute war das so. Mikaela meinte gestern zu mir, sie würde mich heute anrufen, da sie mir noch was für unser Sprachtraining geben will. Tja... nichts ist passiert. Aber das ist anscheinend normal in Rumänien, so von der Mentalität her. Bisher hab ich noch niemanden kennen gelernt, der auch wirklich zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort war. Alles ist hier sehr spontan und unorganisiert irgendwie. Da komm ich mir schon manchmal sehr komisch vor.

Da ja die ganzen Verabredungen nichts geworden waren, bin ich dann am Sonntag allein losgezogen zum großen Herastrau Park. War auch wirklich sehr schön und groß, nur ziemlich überfüllt mit Menschen für meinen Geschmack und das Wetter war auch nicht so gut. Regnerisch, kalt und windig. Daher hab ichs nicht lange ausgehalten und bin bald wieder zurück ins Apartment. Langsam wirds draußen richtig ungemütlich.

Am Montag hatte ich dann frei, da sich das Kindergarten-Projekt auf einen anderen Tag verschoben hat. Also ging ich in die große Bukarester Bücherei und schaute mich dort etwas um. Allerdings hatten sie da nicht viel englische Bücher und wenn, dann nur theoretische Literatur für die Unis und nichts, was mich so interessiert hätte. Aber ich fand heraus, dass es ganz in der Nähe eine Bücherei nur für deutsche und slovakische Literatur gibt. Die hab ich nur nicht gefunden ;-) Auf dem Heimweg machte ich noch einen kurzen Umbogen auf den Markt und kaufte ein paar Champignons, die ich mir dann im Apartment mit Zwiebeln und Eiern brutzelte. Hmm... lecker!

Eigentlich sollte ich dann auch an dem Tag mein erstes Sprachtraining mit Mikaela haben. Da gabs nur irgendwie ein Missverständnis, wer wen anrufen sollte (also für mich nicht... ich war mir sicher, dass sie gesagt hatte, sie würde mich anrufen... aber naja... wie ich schon oben geschrieben hab, hier wird das nicht so eng gesehen mit Vereinbarungen), daher fiel es dann aus. Das fand ich sehr schade, da ich mich schon drauf gefreut hatte, endlich mit dem Sprachkurs anzufangen. Jetzt würde es erst am Mittwoch Morgen beginnen.

Am Dienstag hatte ich wieder mein Projekt mit Miki in der Grundschule. Die Kinder brechen immer in lautes Jubelgeschrei aus, wenn sie uns sehen. Vor allem die Erstklässer sind ganz begeistert und einige mutige Kinder geben sich auch Mühe, mit ein paar englischen Brocken mit mir zu kommunizieren. Das macht langsam richtig Spaß, da ich auch nicht mehr nur der Beobachter bin, sondern selber aktiv werden kann. Zwar noch nicht so hundertprozentig, aber doch schon ziemlich :)
Die Viertklässer waren allerdings sehr anstrengend. Da sind ein paar sehr vorlaute Kinder dabei, die auch schon ziemlich viel Ahnung von Origami haben und ständig alles besser wissen und jeden Vorschlag, den wir bringen, totaaaal langweilig finden. *grrr*

Anschließend hatte ich ein Treffen mit Stefanizo, der mir mein Geld für den nächsten Monat geben wollte. Ich brachte ihm auch meine gesammelten Kassenzettel, die ich auch nochmal fein säuberlich auf nem Blockblatt zusammen geschrieben und numeriert hatte, damit auch ja alles seine Ordnung hat. Da war Stefanizo regelrecht von den Socken, als er das gesehen hat. Damit hatte er nicht gerechnet. Von den Freiwilligen vor mir hatte er immer nur ein paar einzelne ungeordnete Kassenzettel bekommen. Ich glaub, ich bestätige hier so einige Klischees über Deutsche ;-)

Am selben Tag bekam ich dann von Alice bzw. der Verwalterin des Studentenblocks die Info, dass am nächsten Tag die Fußbodenarbeiten in unsrem Zimmer beginnen würden. Ich weiß nicht, ob ich davon schon mal geschrieben hab... Falls nicht: jedes Zimmer bekommt einen neuen Holzfußboden und soweit ich weiß auch neue Fließen im Bad. Das ganze dauert eine Woche, in der wir nicht ins Apartment können. Und an dem Abend hatten wir also Zeit, alles vorzubereiten, unsre Sachen zu packen, den Teppich rauszuräumen etc. War ein ziemliches Chaos, da wir zu viert in dem kleinen Apartment waren. Aus einem andren Zimmer, das gerade renoviert wurde, hatten wir einen Kumpel von Alice (Unuz) als Schlafgast und auch die Freundin von Alice, Alexandra, die schon die letzten zwei Wochen bei uns mit im Zimmer war.
Für die kommende Woche hatte mir meine Kollegin Andreea (mit der ich in den Kindergärten Bambi und Military und in einem Krankenhaus zusammen bin) angeboten, bei ihr zu wohnen. Mein Gepäck wollte ich dann am Mittwoch Morgen (also bevor die Arbeiten begannen) zu ihr bringen. Sie wohnt nur drei Busstationen von mir entfernt.
Anschließend wollte ich mich mit Mikaela dann endlich zu unsrem ersten Sprachtraining in nem FastFood-Restaurant in der Nähe treffen. Das klappte dann sogar auch alles so. Mittwoch Morgen gegen neun kam ich mit meinen Sachen bei Andreea an, sie zeigte mir kurz die Wohnung und schon gings für mich weiter zum Treffen mit Mikaela. Wir lernten nur eine Stunde lang, da sie nicht so viel vorbereitet hatte bzw. wir schneller mit dem Stoff durchkamen, da ich das meiste schon wusste. Ich hab ja dieses Sprachlernbuch von Stefanizo und hatte mir das schon ein paar Seiten weit angeschaut, sodass der Stoff mit Mikaela eigentlich nur Wiederholung war. Lief aber trotzdem ganz gut, und wir kamen gut miteinander klar, obwohl wir doch sehr verschiedene Charaktertypen sind.
Anschließend fuhr ich mit dem Bus gleich weiter zum Kindergartenprojekt (Bambi) mit Andreea. Zu den Kindern hier habe ich bisher irgendwie noch keinen Kontakt gefunden. Sie sind noch sehr klein und man muss eigentlich jeden Bastelschritt für sie ausführen. Meistens schauen sie mich nur mit großen Augen und offenen Mündern an, wenn ich ihre Falterei verbessere und vergessen im nächsten Moment, warum sie überhaupt am Tisch sitzen, springen auf und fangen an, mit den umliegenden Bauklötzen zu spielen. Ich weiß ja nicht, ob Origami in dem Alter das richtige ist. Es gibt natürlich auch ganz einfache Origami-Figuren, aber trotzdem finde ich diese Kinder einfach zu jung dafür, da sie ja nicht mal ein Blatt Papier mittig falten können. Aber gut, das habe ich nicht zu entscheiden.
Nach dem Kindergarten gingen wir kurz zu Andreea nach Hause, aßen etwas und fuhren dann wieder mit dem Bus zum nächsten Projekt, dem Krankenhaus. Dort trafen wir uns mit zwei anderen Mädels und gingen dann in ein Zimmer mit drei Kindern, die gebrochene Arme und Beine hatten. In dem Projekt war ich dann aber nur Zuschauer, da die Origami-Figuren schon schwierig waren und ich sie noch gar nicht konnte. Daher hab ich nur versucht, die Figuren selbst zu lernen und beobachtet, wie die anderen mit den Kindern umgehen. War zwar für mich nicht so spannend, da ich ganz passiv war, aber schon ok. Wir hatten auch ein paar Luftballons dabei, mit denen die Kinder spielten und es war eine sehr ausgelassene Stimmung im Zimmer.

Achja, was ich noch erzählen muss, eh ichs wieder vergesse. Ist jetzt schon ne Weile her, aber trotzdem ein sehr einprägendes Erlebnis...
Ich glaube, es war zwei, drei Tage bevor ich vorrübergehend zu Andreea zog. Die Toilette in Alices und meinem Apartment war mal wieder seit Tagen verstopft und der gerufene Klemptner ließ sich Zeit. Es stank fürchterlich und jeder ging nur mit angehaltenem Atem ins Bad. Endlich kam der Klemptner dann doch (der gleiche wie das letzt Mal) und werkelte ne Weile herum, entfernte das Ableitungsrohr und schüttete den ganzen stinkenden und halbvergammelten Inhalt auf den Badezimmerboden. Das Rohr stellte er daneben und ging wieder. Ich wusste nicht so wirklich, was ich machen sollte, da Alice nicht da war und der Klemptner kein Englisch konnte. Aber ich dachte mir, dass er vielleicht in ner Stunde nach ner ausgiebigen Rauchpause (wie das letzte Mal) wieder auftaucht. Aber nichts geschah. Am Nachmittag kam dann Alice ins Apartment und berichtete von ihrer Unterhaltung mit der Verwalterin des Wohnblocks. Wir sollten zuerst den „Dreck“ wegmachen, dann würde der Klemptner vielleicht am nächsten Tag wiederkommen. Solange hatten wir dann auch keine Toilette, da das Ableitungsrohr ja nicht mehr dran war. War schon sehr nervig, immer bei den Nachbarn und Freunden von Alice fragen zu müssen, ob man mal das Klo benutzen kann. Aber wir hatten ja keine Wahl. Die Entfernung des „Drecks“ war auch so ne Sache für sich. Da hätten wir echt ne Gasmaske und Sichtschutz gebraucht... Echt übel. Tapfer und uns in unser Schicksal fügend wickelten wir uns parfümierte Schals um Nase und Mund und machten uns mit Schaufel, Handbesen und ner großen Tüte ans Werk. Das war vielleicht ekelhaft! Zwischendurch mussten wir mehrmals Pause machen und uns ans Fenster stellen, da Alice schlecht wurde. Sie hatte den Job mit Schaufel und Besen. Ich war zum Glück nur der Tütenhalter. Aber schließlich hatten wir es geschafft und spritzten mit dem Duschkopf den Boden sauber. Was man hier nicht alles erlebt... Allerdings kam dann der Klemptner nicht am nächsten Tag, um die Toilette wieder in Gang zu bringen. Und auch nicht am Tag darauf. Ich weiß nicht, ob es mittlerweile gemacht wurde, da ich seitdem bei Andreea bin, aber ich hoffe es einfach mal. Der Boden und die Wände im Bad werden ja auch neu gefliest. Es kann also nur besser werden.

13. Oktober 2007

ankuendigung

vielleicht ist euch aufgefallen, dass ich jetzt die eintraege der verschiedenen tage immer gesammelt online stelle. das internet funktioniert naemlich nicht so wirklich, deswegen brenne ich die geschriebenen artikel auf cd und geh damit an nen andren pc, um sie dort online zu stellen (an dem pc funktioniert kein usb-stick....).
deswegen kann es sein, dass laenger mal kein neuer eintrag von mir kommt.
ueber mails und kommentare freue ich mich aber trotzdem :)

lg
lisa

neue Moeglichkeiten

13.10.2007, Bukarest
Nach mehreren Tagen, an denen ich total müde war, da Alice und Alexandra immer bis in die Morgenstunden für eine Prüfung gelernt hatten und dann morgens auch zeitig rausmussten und ich da natürlich dann auch nicht schlafen konnte, hatte ich mich jetzt endlich mal wieder ausgeschlafen, da beide Mädels nicht da waren.
Jeden Samstag ist mittags in einem Raum der Uni für Architektur das Treffen der aktiven ACTOR-Freiwilligen. Als ich ankam (pünktlich) waren nur Miki und Misha schon da. Der Rest tauchte ne halbe bis ganze Stunde später erst auf. Anscheinend nehmen die es mit den Zeiten wirklich nicht so genau. Ich traf auch wieder ein paar neue Leute und kam sofort ins Gespräch mit Robert, den ich zwar einmal schon kurz gesehen hatte, an den ich mich aber nicht mehr erinnern konnte. War dann etwas peinlich, als ich mich ihm vorstellte und er meinte „wir kennen uns schon". Aber mit ihm hab ich mich lange und gut unterhalten und als ich ihm erzählte, dass ich in meiner Freizeit hauptsächlich allein irgendwo durch die Gegend laufe oder mich im Apartment langweile, bot er mir an, bei Gelegenheit mich zu Treffen mit seinen Freunden mitzunehmen oder mir ein paar schöne Plätze in Bukarest zu zeigen. Das Angebot nahm ich sehr gern an. Alles ist besser, als das ständige Alleinsein und die Langeweile der letzten Wochen. Ein Mädchen namens Iunona, die ich bis dahin (wirklich) noch nicht gekannt hatte, war auch sehr nett und vielleicht gehe ich demnächst mit ihr und einer Freundin mal ins Kino. Ein andres Mädel lud mich auch ein, am nächsten Wochenende mit ihr und ein paar andren in die Disko zu gehen. Da bin ich mal gespannt, was die hier so für Musik spielen :)
Außerdem redete ich mit Mikaela, eine Freiwillige, die mir ab Montag Sprachunterricht gibt. Sie meinte zwar, dass das allein nicht ganz reichen wird, und ich lieber noch nen richtigen Kurs machen sollte, aber mit ihr ist das erstmal besser als gar nichts, so für den Anfang. Ich war richtig begeistert, dass ich so schnell so viele neue Angebote und Möglichkeiten bekommen hatte.
Einige Zeit später tauchte dann auch Eugenia mit ihren zwei Söhnen auf und erzählte den andren von der einwöchigen Tagung in England, auf der sie gewesen war.
Sie diskutierten auch über die Verteilung der Freiwilligen auf die Krankenhäuser, da die meisten nicht in ein bestimmtes Krankenhaus gehen wollen, da es sehr weit entfernt ist und im Dunkeln die Gegend nicht sicher ist. Ich bekam nicht viel mit von der Diskussion, da ja alle rumänisch redeten, aber so grob konnte ich das Thema erahnen und ab und zu verstand ich auch ein paar Worte. Yeah!
Anschließend bekam ich neues Geld von Eugenia und fuhr wieder zurück ins Apartment. Dort machte ich dann meine Abrechnung für die vergangenen Wochen, wieviel Geld ich für was ausgegeben hab. Das braucht Stefanizo, um bei der Nationalagentur Geld für mich zu beantragen. Echt ein bürokratischer Aufwand. Alle Kassenzettel für Essen und Trinken nummeriert, den jeweiligen Betrag auf nen großen Zettel geschrieben und zusammengerechnet, überprüft und verglichen und wieder gerechnet. Ich bin bisher sogar ganz gut mit meinem Geld hingekommen. Allerdings war ich ja auch fast ne Woche in Apold gewesen und hatte also in der Zeit keine Ausgaben für Essen. Daher soll ich jetzt von Stefanizo aus einen Brief an die Nationalagentur schreiben, in dem ich ihnen erkläre, dass ich immer die billigsten Produkte kaufe und das Geld einfach nicht reicht. Mal schaun, obs was bringt. Denn eigentlich ist der Geldsatz ja von der EU festgelegt und nicht von der Nationalagentur. Naja, we will see. Ich erwische mich schon immer öfter selbst dabei, wie ich diesen Satz sage. Eieiei... ;-)

kurze Uebersicht

12.10.2007, Bukarest
Heute hatte ich nicht viel zu tun. Nur ein kurzes Projekt (2 Stunden) mit Andreea, die als Ersatz für Misha in dessen Kindergarten mit mir ging. Der Weg dorthin war fast länger als das ganze Projekt. Mit dem Bus dauerte es ca ne Stunde, dorthin zukommen, da es sich am nordwestlichen Ende Bukarests befand.
In zwei verschiedenen Gruppen machten wir das, was Andreea und ich schon die ganze Woche über mit den Kindern aus den andren Kindergärten gemacht hatten: T-shirts falten und dann aus Servietten Hosen oder Kleider basteln. Die erste Gruppe war noch richtig gut, die Kiddies waren ruhig und gut bei der Sache, aber die zweite Gruppe war für mich echt nicht mehr schön. Die Gruppe war nämlich aus zwei andren zusammen gelegt worden und wir mussten uns mit 25 Kleinkindern rumschlagen, die alle nicht so richtig das machen wollten, was wir (oder besser Andreea) ihnen sagten. Und dann für 25 Kinder die ganze Falterei eigentlich selber zu machen, war dann doch sehr nervtötend für mich. Aber Andreea hatte eine unglaubliche Geduld und schien sich da überhaupt nicht dran zu stören. Naja, ich hatte es ja noch nie so wirklich mit kleinen Kindern...
Ich denke, ich geb euch mal ne Übersicht, was ich so alles mache, in welchen verschiedenen Projekten ich bin. Ich kann mir vorstellen, dass es für euch schon etwas verwirrend ist mit den ganzen Namen etc. Außerdem denke ich, dass jetzt mittlerweile die Projekte eigentlich so relativ sicher sind und sich nicht mehr viel dran ändert. Bisher war ja alles noch ganz vage. Aber jetzt müsste es so fest stehen.
Also: Montag und Dienstag bin ich mit Andreea im „Militär" Kindergarten in insgesamt 4 Gruppen, Dienstags außerdem noch mit Miki in einer Grundschule in drei Klassen und anschließend mit Cristina in einem andren Kindergarten mit zwei Gruppen, Mittwochs bin ich mit Andreea im „Bambi" Kindergarten mit einer Gruppe und anschließend mit einem der Freiwilligen (ändert sich immer) im Alexandru Krankenhaus, Donnerstags dann ist das andre Krankenhaus dran, in das ich (meistens) mit Miki und Misha gehe und Freitags steht dann der Kindergarten von Misha mit drei Gruppen an.
Jede Gruppe dauert ca ne Stunde, ich arbeite momentan also ca 15-17 Stunden pro Woche. Eigentlich ist das ja zu wenig, da ich laut Vertrag ca 35 Stunden arbeiten soll. Aber vielleicht kommt ja noch was dazu. Oder vielleicht zählt ja die Zeit, um zu einem Projekt zu kommen, auch dazu. Das ist ja jedesmal fast ne Stunde einfache Fahrzeit. Und dann noch Vor- und Nachbereitung.
Ich bin also in 4 Kindergärten, 2 Krankenhäusern und 1 Schule. Dienstag ist es schon sehr stressig, weil ich mich zwischen den Projekten richtig beeilen muss, aber die andren Tage sind eigentlich ziemlich entspannt.

Exkurs Kultur

11.10.2007, Bukarest
Eigentlich hätte ich heute ein Krankenhaus-Projekt mit Miki am späten Nachmittag gehabt. Sie meinte dann allerdings kurz vorher, dass wir es ausfallen lassen, da wir nur zu zweit seien und die Gegend nicht sicher ist, wenn es dunkel wird. Es sollen sich dort viele aggressive Zigeuner rumtreiben, die einen in Gruppen von Kopf bis Fuß bestehlen. Ich hatte bisher damit noch keine eigenen Erfahrung gemacht, aber von den andren Freiwilligen oder auch vor allem von Eugenias größerem Sohn Mihai habe ich nichts Gutes gehört. Mihai hatte richtig beschwöhrend auf mich eingeredet, sofort die Straßenseite zu wechseln, sobald ich einen Zigeuner sehe und bloß keinen Kontakt zu ihnen zu haben, da sie sehr aggressiv sein sollen und einem alles abnehmen. Da hatte der Mann, der in Apold den Vortrag über die Roma gehalten hat, zwar ganz andere Ansichten, aber sicherlich kann man das – wie alles andere auch – nicht verallgemeinern.
Ich hatte Alexandra nach einer Bücherei gefragt, da ich in meiner (momentan noch) vielen Freizeit mal was lesen wollte. Und heute an meinem freien Tag machte ich mich auf die Suche nach der größten Bibliothek Bukarests, die ich sogar auch auf Anhieb fand. Ich habe allerdings momentan kein Geld mehr, deswegen konnte ich mir den Jahresbeitrag noch nicht bezahlen. Aber ich bekam schon mal eine Führung auf Englisch und eine Erklärung, wie alles so funktioniert. Ganz schön kompliziert und ein enormer Aufwand. Naja, wird schon seinen Sinn haben. Ich denke, die ersten Male werde ich trotzdem immer nochmal fragen müssen.
Auf dem Heimweg ging ich nochmal im großen Supermarkt einkaufen und zurück im Apartment machte ich mich daran, mit Handbesen und Schaufel den Teppichboden zu kehren. Einen Staubsauger gibts hier nämlich nur bei den Jungs am Ende des Gangs und Alice meinte, wir könnten ihn uns nicht so oft ausleihen. Mit dem Besen war es wirklich ziemlich mühselig und nicht gerade sehr erfolgreich, den Teppich zu säubern, aber immerhin etwas.
Da ich jetzt schon ein paar Mal gefragt wurde, was so typische kulturelle Eigenschaften oder Mentalitäten in Rumänien sind, will ich hier gleich mal ein paar Dinge aufzählen. Ist natürlich nicht alles, mehr kommt später. Das hier sind erst mal das, was mir als erstes aufgefallen ist.
Das erste, was mir aufgefallen ist, als ich hier ankam, war die lebensmüde fahrweise der bukarester. Vorfahrtsregeln sind dazu da, um gebrochen zu werden. Ampeln werden prinzipiell überfahren und am Zebrastreifen muss man als Fußgänger einfach loslaufen und das beste hoffen, da sonst nie auch nur ein auto anhalten wird. Alle fahren wie die henker und wenn es mal nicht schnell genug geht, wird laut gehupt. Fahrspurmarkierungen sind bloß zur dekoration da und ich war jedesmal heilfroh, wenn ich aus dem auto aussteigen konnte. Ich glaub, hier trau ich mich nicht selbst zu fahren. Ein auto ohne dellen ist hier kein richtiges auto. Oftmals haben die karren nicht mal sicherheitsgurte, geschweige denn nen tüv. Überholen in engen, unübersichtlichen kurven, wer bremst, verliert. Ich würd sagen, das beschreibt die Fahrweise ganz gut. Als ich in der Türkei war, war das genauso. Scheint also hier in der Ecke Europas doch verbreitet zu sein.
Was mir als nächstes auffiel, war der handkuss. Mittlerweile ist es wieder sehr üblich, vor allem unter jüngeren leuten, als zeichen besonderen danks oder zuneigung oder manchmal auch zur begrüßung, dass der junge dem mädchen einen handkuss gibt. Ich find das echt toll, das hat was. Als ich noch nichts von dem brauch wusste und mir dann ein handkuss gegeben wurde, war ich erst mal total überrascht, aber jetzt im nachhinein ist mir alles klar ;)
Als nächstes ist es für mich wirklich erstaunlich, wieviele bettler es hier gibt. Vielleicht ist das auch nur in einer so großen stadt wie bukarest so, aber auf jeden fall ist es für mich sehr erschreckend. Vor allem viele Kinder oder alte Leute sitzen Tag für Tag an den Straßenrändern und halten die Hand auf. Es gibt auch viele sehr aufdringliche oder aggressive Bettler. Wenn man mit dem Auto an ner Ampel steht, kommen viele Bettler zu einem, klopfen an die Scheibe und erzählen etwas. Oder wenn man zu Fuß unterwegs ist, folgen einem kleine Kinder äußerst hartnäckig. Oder als ich in Sighisoara war, war dort am Bahnhof ne ganze Gruppe Jugendlicher mit einem Kleinkind und haben Essen oder Geld erbettelt. Selbst als sie dann was bekommen hatten, waren sie immer noch äußerst aufdringlich und wichen einem nicht von der Pelle.
Begrüßungen unter Freunden sind immer sehr herzlich und es gibt auf jede Wange nen Schmatzer. Wenn man sich trifft, schallt einem schon von weitem ein lautes „tsche fatsch?" entgegen (das ist jetzt in Lautschrift geschrieben), was „wie gehts?" heißt. Die Standartantwort „bine" (= gut) wird meistens weggelassen. Das mag ich nicht so. Dieses „wie gehts" so als Floskel, auf die man gar nichts anderes als „gut" antworten kann. Das ist nicht so mein Fall.
Und was Rumänen gar nicht mögen: Drakula und seine Vampirschar. Rumänen finden es alles andre als toll, dass ihr Land immer als erstes mit den Vampiren aus Transylvanien in Verbindung gebracht wird. Die Einzigen, die den Mythos noch schüren sind die Touristikverbände, die massig Kohle an lebensgroßen Drakulastatuen und andren Souveniers wie Tassen und dem üblichen Kram verdienen.
Was mir auch aufgefallen ist: die enorme Vermüllung der Umwelt. Abfälle werden oftmals einfach aus dem Fenster geworfen. Egal ob Zuhause, im Auto oder unterwegs. Da kann der Mülleimer drei Meter weiter stehen, das Papier wird zusammengeknüllt auf den Boden geschmissen. Mülltrennung gibts hier gar nicht und allgemein das Bewusstsein für Müllentsorgung ist überhaupt nicht ausgeprägt. Keiner stört sich scheinbar an zugemüllten Straßenrändern.

Computerdoktor

10.10.2007, Bukarest
Als erstes Projekt für heute stand der Bambi-Kindergarten eine Busstation von mir entfernt an. Eine Stunde lang bastelten wir (Andreea und ich) mit einer kleinen Gruppe Kinder verschiedene Figuren und ich versuchte mich so gut wie möglich zu integrieren. Ich denke, ich werde besser ;-) immerhin hören die Kinder schonmal auf mich, auch wenn ich noch nicht viel sagen kann.
Anschließend gings zum Alexandru Krankenhause. Da wir dazwischen noch ne Menge Zeit hatten, zeigte mir Andreea den großen Markt am Piata Obor, der auf dem Weg lag. Ähnlich wie der, den ich vorher schon entdeckt hatte, gabs dort alles mögliche von Obst und Gemüse über frischen Fisch oder Käse, Pilze, Kleidung, Handys (eigentlich nur gestohlene), Uhren (auch gestohlene), Schmuck uvm. Andreea gab mir ein paar Tips, bei welchen Händlern man lieber nicht kauft oder worauf man achten muss bei dem Gewühl an unzähligen Menschen und Angeboten.
Beim Krankenhaus trafen wir dann noch ein anderes Mädel (heißt auch Andreea, der Name ist in Rumänien sehr beliebt. Ungefähr so wie Lisa in Deutschland *g*), das völlig neu bei ACTOR war und dies ihr erstes Projekt sein würde. Wir erklärten ihr kurz, was wir im Krankenhaus machen, bereiteten einige Dinge vor und schon gings los. Das neue Mädel traute sich auch gleich zu, ganz allein in ein Zimmer zu gehen und so besuchte ich mit der „alten" Andreea ein ca 7 Jahre altes Mädchen mit seiner Mutter, das ziemlich schlimme Verbrennungen im Gesicht und an den Händen hatte. Mittlerweile waren sie schon wieder halbwegs gut verheilt, aber es waren doch sehr deutliche Narben auf der ganzen Haut zu sehen. Das Mädel war aber quicklebendig und interessierte sich auch nicht so für das Malbuch, das wir ihr mitgebracht hatten, sondern sprang die ganze Zeit zwischen unseren Beinen herum. Wir waren also eher zur Beschäftigung der Mutter da, der wir ein paar schöne Origami-Blumen zeigten. Zeitweise war ich auch alleine mit den Beiden und versuchte mich mit der Mutter zu unterhalten, was nicht so einfach war, da sie nur ganz wenig englisch konnte und mein rumänisch ja nicht über „Hallo" etc. rausgeht. Aber das Mädel war wirklich sehr aufgedreht und zeigte mir dann die Musik auf ihrem Mp3-Player. Da war „Manele" drauf, eine Musikrichtung die momentan in Rumänien ziemlich verbreitet ist. Manche hassen sie, manche lieben sie. Für mich ist das nichts und klingt eher so wie ne Mischung aus 0815-Pop und Folkloreschlagern. Naja, wems gefällt.
Nach der Stunde verfassten wir dann noch einen kurzen Bericht über das heutige Projekt, der an Eugenia geschickt wird und ich machte mich auf den Heimweg.
Im Apartment versuchte ich dann wie in den letzten Tagen Alices PC auf Vordermann zu bringen. Das Ding ist eigentlich gar nicht alt und könnte super laufen. Hat auch XP und alles. Aber da sind so viele Viren drauf und alles ist total versumpft, sodass schon allein das Öffnen eines Ordners fast fünf Minuten braucht (ohne Übertreibung) und zwei Programme gleichzeitig laufen zu lassen ist sowieso unmöglich. Ich bin da ja auch kein Experte, aber son bisschen hab ich schon Ahnung (an dieser Stelle Danke an Onkel Olaf) und versuche nun schon seit Tagen mit diversen TuneUp-Programmen, Registry-Cleanern und Virenscannern den Computer etwas flotter zu machen. Hat auch schon was gebracht, aber da gibts noch einiges zu tun. Alice hatte nichtmal ihre Firewall aktiviert und hat ihre kleine Festplatte bis obenhin mit Daten vollgestopft. Aber ich habe Hoffnung :) Alexandra, meine neue Quasi-Mitbewohnerin nennt mich jetzt schon den „Computer-Doctor" und Alice war ganz entzückt, dass sie plötzlich wieder Musik hören konnte, ohne dass der PC abstürzt.

Arbeitsstress und Alex

09.10.2007, Bukarest
Mein erstes Projekt heute war wieder der Militär-Kindergarten mit Andreea zur gleichen Zeit wie gestern. Heute hatten wir zwei andere Gruppen von jeweils ca 10 Kindern. Die beiden Gruppen waren nicht so aufgedreht wie die gestrigen und wir konnten unsre Arbeit gut durchziehen. Fand ich allerdings etwas langweiliger ;-)
Halb 11 waren wir dann fertig und als nächstes stand für mich ein Projekt in einer Schule zusammen mit Miki an. Da wir uns aber erst zwei Stunden später treffen wollten, hatte ich noch viel Zeit, um durch den nahegelegenen Park zu laufen und meine eingepackten Brote zu essen, die ich vorher aber noch gegen einen sehr aufdringlichen Bettler verteidigen musste. Auf dem Weg zur Ubahn-Station fand ich einen kleinen Laden mit ein paar ziemlich coolen Klamotten und da ich noch viel Zeit übrig hatte, schaute ich mich mal um. Einige Zeit später und um zwei schicke Kleidungsstücke reicher (zusammen für nur ca 12 Euro, da muss man doch zuschlagen!) machte ich mich wieder auf den Weg. Vom Treffpunkt aus fuhr ich dann mit Miki nochmal ne ganze Ecke mit der Ubahn bis ans nordwestliche Ende der Stadt (mit dreimal umsteigen, echt nervig!) und von dort aus nochmal kurz zu Fuß bis zum Schulgebäude. Wir hatten drei Schulklassen jeweils eine Stunde lang, mit denen wir Kleidungsstücke wie T-shirts, Krawatten, Hosen und Röcke aus Papier falteten und anschließend auf Plakate klebten. Das machte den Kindern ( 2te und 4te Klasse) schon sehr viel Spaß und sie waren mit vollem Eifer dabei. Diese Arbeit hat mir gut gefallen, da die Kinder selber sehr aktiv waren und ich auch mit wenigen einfachen Worten, die ich mittlerweile gelernt hatte, mich gut mit ihnen verständigen konnte. Allerdings musste ich dann schon etwas eher wieder weg, da ich eine SMS von Cristina bekommen hatte, die mich gegen 4 bei einem Kindergarten ganz in der Nähe von meinem Apartment erwartete und da braucht man schon ne Stunde hin. Zuerst besprachen wir noch kurz etwas mit der Leiterin und hatten dann die erste der zwei Gruppen (je ne halbe Stunde). Die Kinder waren noch sehr jung, vielleicht zwei oder drei Jahre alt) und sehr unbeholfen beim Falten, sodass Cristina und ich die Figuren der Kinder eigentlich alle vollständig selber bastelten. Mittlerweile war ich von der ganzen Rumrennerei schon sehr erledigt und stand die zwei Gruppen gerade so mit Mühe und Not durch. Einige der Kinder wollten sich auch gar nicht helfen lassen und fingen an zu Schreien, als ich ihnen eine Faltung korrigieren wollte. Danach war ich wirklich fertig, doch bevor ich mich auf mein Bett legen und ausruhen konnte, musste ich noch die acht Stockwerke hochlaufen, da der Fahrstuhl mal wieder (wie immer, wenn man ihn mal wirklich braucht) kaputt war. Dieses Ding ist sowieso etwas merkwürdig. Wenn er mal funktioniert und man damit fährt, muss man die Türen zuhalten, da erst sonst einfach zwischen den Stockwerken stehenbleibt. Ist mir schon mal passiert. Aber zum Glück hatte ich schon davon gehört und drückte einfach gegen die Türen, drückte nochmal den Knopf und schon gings weiter.
Im Apartment waren dann auch Alice und Alexandra und nach der letzten Woche, in der ich eigentlich immer allein war, war ich richtig froh über Alexandras Gesellschaft. Sie übernachtete dann auch hier und wir unterhielten uns noch eine Weile.