5. Oktober 2007

Nehmen und Geben

03.10.07, Bukarest
Jeder Tag stellt mich vor neue Herausforderungen. Heute sollte ich mich um 12 mit Eugenia vorm Bambi-Kindergarten, bei dem ich bisher immer mit Andreea war, treffen. Vorher rief sie mich an und sagte, ich solle doch meinen Ausweis, mein Flugticket und meinen Impfpass für sie kopieren. Als ich sie dann fragte, meinte sie, das wüsste sie auch nicht so genau, ich solle halt mal schaun, ob in der Nähe bei mir irgendwo ein Kopiergerät verfügbar ist. Sehr lustig, Eugenia.
Also ging ich los und fragte den erstbesten Passanten, ob er wüsste, wo man hier was kopieren kann. Der verstand mich aber wohl nicht wirklich, zeigte auf eine Bank in der Nähe und ging kopfschüttelnd weiter. Da mir sonst nichts besseres einfiel ging ich eben in die Bank, wo auch gleich ein Sicherheitsbeamter auf mich zukam. Ihm erklärte ich nochmal meinen Wunsch, er konnte aber kein Englisch und rief nen Kollegen. Der konnte auch kein Englisch und zusammen schwiegen sie mich an, während sie ihre Zigaretten rauchten. Dann irgendwann fasste sich der eine wohl ein Herz und nahm mich mit in das Bürogebäude, ging mit mir zum bankeigenen Kopierer, lies mir meine zehn benötigten Kopien raus und wollte noch nicht mal Geld dafür. So kanns gehen.
Aber das Abenteuer ging weiter. Ich ging zur Busstation und fuhr drei Stationen weiter, weil ich mir sicher war, dies sei die richtige Richtung. Nach dem Aussteigen ging ich auch zielstrebig in die nächste Straße, bis ich dann auf einmal vor Alices Universität stand und mir dämmerte, dass ich wohl den Weg verwechselt hatte.
Ich hatte aber auch keine Ahnung, wo dann dieser verflixte Kindergarten war. In den letzten Wochen hatte ich so viele neue Wege nur einmal gesehen, dass ich sie doch durcheinander gebracht hatte. Also ging ich zurück zur Busstation, rief Eugenia an, erzählte ihr meine Lage und fünf Minuten später kam sie mit ihrer alten Dacia angebraust. So von der Richtung her war ich schon richtig gewesen, nur waren es nicht drei Stationen, sondern nur eine. Naja... schon doof, dass mir das passiert ist, nachdem ich mich schon so selbst gelobt hatte, als ich gestern den Weg zum Treffpunkt mit Miki gleich gefunden hatte.
Der Kindergarten war dann auch recht entspannt, da Eugenia mit den Kindern bastelte und meine einzige Aufgabe darin bestand, ihren aufgedrehten Sohn Eugenio zu beschäftigen oder aufzupassen, dass er nicht ganz soviel Chaos anrichtete. Gegen 2 war ich dann wieder in meinem Apartment und hatte vorerst nichts weiter zu tun. Etwas später rief mich nochmal Eugenia an und erzählte mir von dem Termin, den sie für mich bei einer Allgemeinärztin gemacht hatte. Diese Ärztin ist nämlich nun für meinen ganzen Aufenthalt hier meine erste Ansprechpartnerin bei medizinischen Dingen und heute sollte ich ihr vorgestellt werden. Kurz nach 8 sollte ich mich mit Eugenia und ihrer ganzen Familie inklusiver der zwei Söhne an einer Ubahn-Station im Süden Bukarests treffen. Wie nicht anders zu erwarten, kamen sie natürlich ne halbe Stunde zu spät. War aber nicht weiter schlimm, da ganz in der Nähe des Treffpunktes eine Art Volksfest war, das ich mir mal anschaute. Wie ich später erfuhr, ist das dort das ganze Jahr über. Wirklich ziemlich groß und kaum was los.
Bei der Ärztin mussten wir dann nochmal eine weitere Stunde warten, bis wir dran waren. Zuerst untersuchte die Ärztin kurz den älteren Sohn Mihai, bevor sie dann kurz mit mir redete und sich ein paar Dinge aus meinem Impfpass aufschrieb.
Anschließend brachten sie mich wieder zur Ubahn-Station.
Was ich aber unbedingt erzählen muss, ist der Brauch, bei einem Arztbesuch oder auf Ämtern, eine Packung Kaffe, Schokolade oder Geld mitzubringen und dies dem Arzt oder Beamten zu schenken. Sozusagen als Garantie, dass man gut behandelt wird. Das fand ich schon wirklich sehr erstaunlich, vor allem da auch eine richtige kleine Zeremonie daraus gemacht wird mit „ach nein, das wär doch nicht nötig gewesen" und „doch, das ist für Sie" und ganz vielen schauspielerischen Höchstleistungen, um sich eine bessere Behandlung zu erkaufen. Das ist anscheinend wirklich so üblich und Eugenia riet mir auch, das ebenfalls bei jedem Arztbesuch zu tun. Ich glaube ja nicht, dass ich das so hinkriege.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich nach dem Arztbesuch noch mit Markus, einem der deutschen Freiwilligen, die ich in Apold kennen gelernt hatte, zu treffen. Es war dann aber doch schon etwas spät (kurz nach 10) und ich war auch ziemlich geschafft, daher sagte ich ihm dann ab und fuhr zurück zum Apartment.

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